Readfy – Bücher im Flatmodus


Ebookzeitalter
Als ich vor einigen Wochen das erste Mal auf
Readfy aufmerksam wurde, noch vor der großen Sause in der Presse, war ich von der Idee sehr angetan. Readfy will zum Start 15.000 EBooks kostenlos zum Lesen anbieten, finanziert durch Werbung, explizit durch Bannerschaltung. Wer keine Werbung eingeblendet haben möchte zahlt, wie bei Spotify, einen Betrag in Höhe von 4,99 Euro, bzw. von 9,99 Euro für eine komplett werbefreie Umgebung.

Bücher und Werbung, geht das eigentlich? Ich hatte mich schon länger mit der Frage beschäftig, ob Werbung in EBooks stattfinden könnte? Also dort, wo Werbung auch sinnvoll ist, einen Bezug zum Inhalt hat. In Ratgebern oder Fachbüchern zum Beispiel. Aber in einem Roman? In einem Kinderbuch? Ein Banner? Zwischen den Kapiteln? Ob das so effizient ist für die Werbekunden? Nein, ich weiß nicht.

Nun bin ich EBooks total aufgeschlossen und trage viele mit mir Tag ein, Tag aus durch die Gegend. Auf meinem Kindl, auf meinem Smartphone in Apps. Aber ich hole mir keinen Schrott auf die Geräte. Denn wenn es um Bücher geht, dann habe ich eine ganz besondere Haltung: Mein Lesestoff suche ich sehr sorgfältig aus. Und wenn mir ein Buch gefällt und wenn ich es unbedingt haben möchte, dann kauf ich es. Egal zu welchem Preis. Sowohl für meinen Kindl, als auch für mein Bücherregal, vorausgesetzt, das Buch ist hochwertig gestaltet. Bücher sind für mich wie Begleiter durchs Leben. Aber diese wirklich guten „Begleiter“ werden weniger, da viele Bücher nur noch digital auf meinem Kindl „lagern“.

Hat sich also meine Beziehung zum Buch geändert? Irgendwie schon. Aufgrund der Digitalisierung verändert sich für mich der Wert des Buches, bzw. es ändert sich der Wert des Inhalts. Es passiert etwas, was ich nicht für möglich gehalten habe: Ich habe mittlerweile so viele Bücher digitalisiert auf unterschiedlichen Geräten, dass ich eigentlich nur noch zu ganz wenigen Büchern eine wahre Beziehung aufgebaut habe. Das ist irgendwie schade, weil Bücher austauschbar werden. Also der Inhalt wird austauschbar. Und nun steigt Readfy in den Ring und bringt a) die Werbung ins Buch und b) einen Bauchwarenladen an Romanen und Fachbüchern auf’s Smartphone, die allesamt für mich nicht wirklich wichtig sind. Im Portfolio von Readfy fehlen noch die großen Verlage und damit auch für mich die wichtigen Bücher.

Was bringt mir nun eine Flat bzw. das kostenlose Angebot für Bücher?
Readfy will das Spotify für Bücher werden und das Angebot durch Werbung monetarisieren. Geht das? Kennen Sie die Zahlen von Spotify? Und ich frage mich, wieso macht Amazon eigentlich keine Flat?
Apple will es zum Beispiel Spotify nachmachen und plant ebenfalls eine Flat für Musik.

Muss sich Spotify deshalb warm anziehen? Neueste Zahlen enthüllen, dass Spotify mittlerweile zu einem der
wertvollsten Startups weltweit zählt, es wird aktuell mit 4 Milliarden Dollar bewertet. Aber es muss auch gesehen werden, dass in das Unternehmen bereits 521 Millionen US-Dollar investiert wurden. Tja, und dann noch die Sache mit dem Minus: Im Jahr 2012 hat Spotify einen Verlust von 81 Millionen angehäuft. Das ist so unglaublich viel Geld. Wenn man die Zahlen nun mit Readfy vergleicht, dann kommen einem die Zweifel, ob Readfy sich mit Spotify vergleichen lassen kann: In Readfy haben sich 1000 Companisten in einer Crowdfunding-Aktion mit einer halben Million Euro beteiligt. Brutkasten von Readfy ist der junge Düsseldorfer Inkubator
1stMOVER. Natürlich kann man jetzt in das Lied einstimmen „in Deutschland wird zu wenig in Start-ups investiert“ – aber das lasse ich jetzt einfach mal sein.

Ich widme mich lieber nochmal dem Geschäftsmodell: Readfy will vor allem Werbung verkaufen, so wie Spotify. Werbung funktioniert meines Erachtens aber nicht in Spotify, alles Schrott. Werbung wird m.E. wahrscheinlich auch nicht auf Readfy funktionieren. Werbung funktioniert nicht in Communities. Gute Werbung nutzt andere Wege. Readfy muss also versuchen, die Flats zu verkaufen. Wen wird Readfy mit dem Angebot adressieren? Wahrscheinlich Kunden, die gerne viel Auswahl für möglichst wenig Geld haben möchten. Die Qualität des Inhalts ist dabei nicht so wichtig, es muss ja auch keine Beziehung zu einem Buch oder zu einem Verlag, also zu einer Marke hergestellt werden, alles nicht wichtig. Aber ist das wirklich so?

Wieviele Flats verträgt der Mensch, bzw. wieviel Geld wird man in Flats investieren? Das wird sich zeigen. Das Konsumentenverhalten wandelt sich vom Eigentum weg zum gemeinsamen Teilen. Man muss nicht alles besitzen. Obwohl? Ein gutes Buch, das man in der Hand halten kann, das einem selbst gehört, das ist schon ein gutes Stück Lebensgefühl. Das möchte ich nicht missen. Um keine Flat in dieser Welt.