Big, Bigger, Biggest? Big Data.

In diesem Jahr steht das Thema „Big Data“ prominent auf der Agenda der
dmexco in Köln. Daten werden als das „Öl des digitalen Mediengeschäfts“ bezeichnet. Laut einer
von IDC verdoppelt sich das Datenvolumen etwa alle 18 Monate und ein Wachstum der Technologie und Services von 3,2 Milliarden Dollar in 2010 auf 16,9 Milliarden Dollar in 2015. Das jährliche Wachstum wird mit 40 Prozent beziffert.

Die Werbewirtschaft freut sich über die Datenmengen und macht sie sich zu Nutze, um den Konsumenten noch besser und zielgerichteter mit Werbung zu erreichen. Und immer steht das Ziel im Vordergrund, den Konsumenten in seiner Entscheidungsfindung zu unterstützen und ihn zum Kaufen und Buchen zu animieren. Mediaagenturen, Technologieanbieter, Publisher, Social Networks und werbetreibende Unternehmen wissen sehr gut, welch wertvolle Informationen ihnen über das Internet und über mobile Kanäle auf den Tisch geliefert werden, denn der Konsument hinterlässt mittlerweile viele Spuren im Netz: beim Einkaufen, bei der Nutzung von Social Networks, bei der Suche nach dem günstigsten Urlaubsangebot, beim Ein- und Auschecken, beim Berühren und Klicken einer Werbung.

Aber Daten über das Konsumentenverhalten gab es schon immer und die Frage sollte erlaubt sein, warum gerade jetzt das Thema so massiv in den Vordergrund rückt. Big, Bigger, Biggest? Was bringen die vielen Informationen, wenn selbst Datenanalysten ohne technologische Unterstützung die Datensätze nicht mehr verstehen können? Trotz ausgeklügelter Programme können sich Werbetreibende im Grunde genommen doch nicht mehr sicher sein, ob die Datensätze tatsächlich richtig analysiert und ausgewertet wurden.

Nun sollten sich werbetreibende Unternehmen die Frage stellen, wieso man eigentlich so unendlich viele Daten analysieren muss, wenn doch die Zielgruppe der Produkte klar sein sollte. Hilft es tatsächlich, Konsumenten mit den Produkten zu bewerben, die sie sich kürzlich angesehen haben? Das Stichwort lautet Re-Targeting. Hilft es Konsumenten weiter, an Ort und Stelle eine neue Wahlmöglichkeit für ein Cafe oder Hotel zu bieten, wenn sie gerade auf der Suche nach einem Treffpunkt oder einer Bleibe sind? Haben sie vielleicht schon ihre Wahl getroffen oder lassen sie sich spontan verführen?

Aber vielleicht hilft Re-Targeting und Geo-Targeting bei der Entscheidungsfindung wirklich weiter. Zumindest könnte das Einblenden zuvor angesehener Produkte Konsumenten bei ihren Entscheidungen helfen, bzw. ihnen das Gefühl vermitteln, richtig entschieden zu haben. Denn in Zeiten der Entscheidungsüberlastung (Choice Overload) könnte Re-Targeting hilfreich sein. „Der Fluch der Möglichkeiten“ (Titel aus einem Beitrag der Süddeutschen Zeitung vom 25./26.8.2012) macht sich insbesondere im Netz bemerkbar. Im Grunde genommen kann man über das Netz fast alles kaufen, was das Herz begehrt, Partner finden, die man schon immer haben wollte, Versicherungen abschließen, die einem das Gefühl der Sicherheit geben. Aber die Fülle an Möglichkeiten wie sie zum Beispiel die Reiseindustrie bietet, überfordert zunehmend die Konsumenten. Und dies wurde bereits wissenschaftlich bewiesen (
TourisManagement, online)

Die Tourismusbranche bieten unendlich viele Wahlmöglichkeiten, eine Entscheidungsüberlastung ist vorprogrammiert. So ging es mir zum Beispiel auch bei der Suche nach einem Kurztrip. Ich war überwältig vom Angebot, klickte ein paar Angebote an, verschwand aber schnell wieder aus dem Netz, denn das was sich mir bot, war einfach zu viel. Ich hätte unendlich viel Zeit für das Durchforsten der Angebote benötigt. Und diese Zeit hatte ich nicht. Ich buchte also wieder bei einem mir bekannten Bauernhof in der Steiermark.

Hätte mir nun eine Re-Targeting Kampagne weitergeholfen? Oder welche Schlüsse hätten Reiseanbieter durch mein Abbruchverhalten ziehen können? Keine. Denn ich habe einen Cookie-Blocker. Hätte ich keinen, wer weiß, vielleicht hätte ich tatsächlich das richtige Angebot für meinen Kurztrip erhalten oder ein Reiseanbieter hätte mir etwas vorschlagen können, das mich überrascht und zum Buchen animiert hätte.

Fakt ist, ein Überangebot im Netz kann dazu führen, dass Konsumenten mit dem Gefühl zurückbleiben, falsch entschieden zu haben, da zu viele passgenaue Angebote unterbreitet wurden. Es kann auch dazu führen, dass Konsumenten sich total verweigern, Einkäufe abbrechen oder eine Urlaubsreise nicht buchen, aus Angst, falsch zu entscheiden. Über einen Kamm scheren lassen sich die Ergebnisse zwar nicht, dennoch ist das Problem der Entscheidungsüberlastung ein Ansatz für Marketeers Kampagnen in Zukunft anders zu konzipieren und anstatt immer neuer Wahlmöglichkeiten zu präsentieren, dem Konsumenten das Gefühl zu geben, dass seine Entscheidung, die er einmal getroffen hat, genau richtig war.

Und vielleicht spielen Daten deshalb eine so große Rolle bei der diesjährigen dmexco. In sehr vielen Panels wird es darum gehen, zielgruppengenauere bzw. personenbezogene Werbung zu realisieren. Es geht nicht darum, noch mehr Angebote zu unterbreiten, sondern den Konsumenten als Individuum zu identifizieren und ihn mit Hilfe von kreativer datengesteuerter Werbung bei seinen Entscheidungen zu unterstützen.