Kundenservice der etwas anderen Art: Fall 5 Lufthansa
Wer viel mit einer Premium-Airline fliegt, erwartet einen guten Service. Dafür ist der Kunde aber auch bereit, ein höheres Entgelt pro Flug zu bezahlen. Man will eben nicht denken müssen und keine umständlichen
Dienstleistungen der Billig-Airlines in Anspruch nehmen. Bei der Lufthansa scheint sich das Premium-Zeitalter jedoch dem Ende zu nähern.
Samstag morgen. 6 Uhr. Der neue Tarif „Economy Light“ trifft hart meine Müdigkeit. Die Dame beim Check-In schaut mich mitleidig an.
„Ihr Koffer muss leider einen Extraservice von 30 Uhr für den Flug buchen!“
„Wie bitte?“ entfährt es mir.
„Sie haben ein „Economy Light“ Ticket gebucht. Neue Regelung. Da muss der Koffer extra gebucht werden, wenn es kein Handgepäck unter 8 Kilo ist.“ erklärt sie.
„Auch für Lufthansa Frequent Traveler?“
„Ja, da gibt es leider keinen Unterschied!“
„Aber Übergepäck nehmt ihr sonst auf Langstrecken mit?“
„Ja!“
„Aha.“
Sprachlosigkeit. Unverständnis. Bedauern. Billig-Airline. Wechselgedanken.
Ein
Blogpost aus 2013 kommt in mein Gedächtnis zurück. Damals habe ich die Frage aufgeworfen, ob die Lufthansa den Frequent Traveler (FTL) Status abschaffen will.
Meine erste Reaktion am Gate ist, mal schnell in sozialen Medien zu recherchieren, ob ich der Einzige bin, den die neue Ticket-Regelung trifft. Twitter zeigt mir schnell, dass die neue Regelung der Tickets, auf wenig Verständnis stößt. Alle anderen Netzwerke schau ich mir danach gar nicht erst mehr an.
Dem Kunden 30 EUR abzunehmen, ohne vorher bei der Buchung in der App darauf hinzuweisen, ist wie auf einem Basar, auf dem Kunden übers Ohr gehauen werden. Janice Grantshaw bringt es auf den Punkt…
Business-Räuberei? Bemängeln würde ich viel mehr die (gewollt?) schwache Einbindung in den Buchungsvorgang. Im mobilen Buchungsprozess via App gibt es nämlich leider keine Vorwarnung zur Koffer-Regelung. Grade wenn die neu ist, warne ich den Kunden ausdrücklich. Schon allein um ihn aus strategischen Gesichtspunkten zum Kauf eines höher-preisigen Tickets zu bewegen. Und, wenn man es nachbuchen will, ist man wie Yvonne König komplett verloren.
Lufthansa fliegt also zukünftig auf den Spuren der Billig-Airlines. Leider aber ohne die notwendige Transparenz im Buchungsprozess. Beim Thema Digitalisierung und Customer Experience bewegt man sich dort auf Spuren des Internet 1.0. Vor allem, wenn man dann in
Vergleichsportalen mit vergünstigten Preisen erscheint, aber nachher dem Kunden am Schalter nochmal in die Tasche greift.
Zukünftig überlegt sich der Kunde wohl genau, ob die im Vergleich mit dem Mitbewerb bedeutend höheren Mehrkosten der Tickets es Wert sind, alle zwei Jahre erneut auf den Frequent Traveler Status hinzuarbeiten. Ganz zu schweigen von Menschen mit HON/Senator Status, die die neue Gepäck-Regelung ebenfalls betrifft, wie Georg Konjovic bemerkt.
Vielleicht kehrt man der Lounge zukünftig einfach den Rücken, nimmt den schnellen Kaffee im Vorübergehen doch bei Dallmayr & Co. und bucht bei einer Billig-Airline den Koffer gleich extra dazu. Das ist günstiger, transparent und im Sinne eines treuen Lufthansa-Kunden, der über die Lufthansa-App seit Jahren bucht.
Liebe Lufthansa!
Selbst Hotels sind inzwischen so clever, die WLAN Kosten direkt in die Hotelgebühren einzurechnen. Also bitte, kommt zu alter Vernunft und ordentlichem Service zurück. Oder gefällt Euch der Name „Ryanhansa“? Auch ok. Aber dann investiert in ein Rebranding…