Smart Data: Vier Herausforderungen und Chancen für Unternehmen

Seit einigen Wochen reden Unternehmen nicht mehr über Big Data. Im Zeitalter von Big Data geht es längst nicht mehr darum, viele Daten zu sammeln, sondern Daten intelligent zu nutzen, um bahnbrechende Erkenntnisse in innovative Lösungen umzumünzen. Inzwischen ist Smart Data der angesagte Hype, der die Manager in freudige Erregung versetzt, und so manchen Digital Geek zum Schmunzeln nötigt.

Picture Big Data Discussion
Was dem einen seine Vision, ist dem anderen sein Realismus. Denn schon nach kurzer Zeit der Diskussion erkennen so manche Unternehmer, dass man vielleicht schon ein paar Jahre früher die Themen Datenanalyse, Data Mining und Business Intelligence hätte Ernst nehmen sollen.

Die Datenmengen, die Unternehmen heute generieren, verdoppeln sich im Laufe von zwei Jahren laut
IDC. Bis 2020 gehen die Analysten von einem weltweit gesammelten Datenvolumen von 40 Zettabyte aus. Allein in diesem Jahr soll der Umsatz mit Big-Data-Produkten und Services auf geschätzt 73,5 Milliarden Euro ansteigen (66% Plus zum Vorjahr), verkündete die
BITKOM. Doch die Masse der Daten hilft den heutigen Managern wenig, wenn diese unstrukturierten Daten nicht entschlüsselt und in intelligente Pakete gepackt werden. Dann bleibt alles eine Adressierung an “Predictive Behaviour”, wie man es früher einmal nannte. Ziel mit
Smart Data soll es jedoch sein, am Ende dem Kunden zur richtigen Zeit im richtigen Kontext das beste Angebot zu machen oder den idealen Service zu liefern. Leistungen, denen der Kunde dann quasi nicht mehr aus dem Weg gehen kann.

Wer Daten sammelt, hat eine Notwendigkeit und ein Verständnis dafür, zu welchem Zweck er dies tut. Ein Logistik-Unternehmen könnte sich fragen, ob man nicht die Sprit-Kosten senken könnte, wenn man die Fahrtwege der eigenen zahlreichen Fahrzeuge analysiert. Ein Auto-Produzent würde überlegen, ob man nicht vorzeitig Produktionsfehler erkennt, Maschinen effizienter warten und Produktionsabläufe optimieren kann, wenn Wartungsprozesse nicht standardisiert sondern nutzenbasiert angewandt werden. Und so manches Luftfahrt-Unternehmen würde weniger Reiseverpflegung der Gäste mitnehmen, wenn die Gewohnheiten der Mitreisenden -die sowieso Frequent Traveller sind und von denen
Loyalitätsprgramme und deren
kombinierten Kreditkartensysteme schon zahlreiche Daten gesammelt haben- bekannt wären. Doch trotz all der schönen Optionen liegt der Teufel im Detail von Smart Data.

4 Gründe, warum Unternehmen einen steinigen Weg bei Smart Data vor sich haben.

1.) Daten sammeln – ja, aber welche?
Das alte Lied von Data Mining ist lange gesungen, der Hype verglimmt. Mit Big Data hat die Industrie sich ein neues Buzzword gezüchtet, dass die Notwendigkeit des Themas neu auf den Plan ruft – sicherlich auch dank Crowdfunding, mobiler Endgeräte und Social Media, was Daten aus dem Nichts und wie Sand an die Strände der Unternehmen schwemmt. Leider gehen nur zu wenige Manager baden, um die Chancen von Big Data und ihre Ummünzung in Smart Data Wert zu schätzen. Das Sammeln von Daten ist schon deswegen schwierig, weil man es Unternehmen über Jahrzehnte nicht geschafft haben, strukturierte Daten in sauberer Form (CRM, Datenbanken, etc.) zu pflegen und nachhaltig abzubilden. Wie soll man nun also unstrukturierte Daten in smarter Weise sammeln, und wer analysiert diese dann letztendlich – vor allem, wenn man nicht mal Social Media Monitoring strategisch ordentlich durchführt? Entscheidend ist vorab, dass man die Daten sammelt, die mal im Zielfokus des Business-Modells sind. Denn die Speicherung, Vorhaltung und Bandbreiten verursachen nicht unerhebliche Kosten und auch das Management der Daten von der Aufbereitung bis zur Löschung muss von einem
Corporate Data Scientist und seinem Team übernommen werden. Nicht selten sind weder Technik noch Personal dafür im Personal Set-Up eines Unternehmens vorhanden. Ganz zu schweigen von der “Silodenke” in Unternehmen, die den Synergien erzeugenden Austausch von Daten über Abteilungen und Hierarchien aus politischen und prozessualen Missständen oft nicht ermöglicht.

2.) Technik ist kein Hellseher
Die Analysekompetenz der heutigen
Messinstrumente und Big Data Tools ist immernoch retrospektiv. In die Zukunft blicken die Technologien einfach noch nicht. Grundsätzlich wertet vollautomatische Software mittels Textanalyse unzählig viele Daten aus, sei es durch Marktforschung mit offenen Fragen, oder auch durch Social Media Monitoring, sprich gezieltem Zuhören. Den meisten Unternehmen gelingt die Umsetzung in smarte Daten jedoch noch nicht. Es führt dazu, dass so mancher Kunde das angezeigt bekommt, was gerade erst via E-Commerce auf einer anderen Plattform erworben wurde. Wenn man also eben eine Kiste Wein gekauft hat, besteht die Möglichkeit, dass man immer wieder dieselben Weine zu sehen bekommt. Clevere Systeme würden in die Zukunft “rechnen”, mir die Weine also erst wieder anzeigen, wenn ich die Weine getrunken haben müsste. Das wiederum wäre nur aus der Zusammenführung von Bildern, Videos, Aussagen und Meinungen möglich, die sich über User-Generated Content und Informationen aus sozialen Netzwerken ergeben. Doch hier fehlen noch technische Standards, die die Zusammenführung von Bild oder Video mit Text-Daten ermöglicht, ohne das dem Bild Daten zugewiesen werden. Grundsätzlich muss aber der Mensch hier der Maschine unter die Arme greifen. Denn nur die sinnvolle Zusammenführung der Datenmengen und -vielfalt ermöglicht unternehmensspezifische Erkenntnisgewinne.

3.) Daten, Deals, Devices
Daten sind das Öl des E-Commerce und der Lead-Generierung. Wird beispielsweise ein Publisher nicht mit Daten der E-Commerce Plattform versorgt, bei dem gerade eben ein Einkauf erfolgte, wird allen von ihm nachfolgend besuchten Seiten der veraltete Kaufanreiz, sprich Informationen zum bereits erworbenen Produkt oder der Dienstleistung ausgespielt. Jeder Plattformanbieter ist somit vollkommen abhängig davon, wie offen und transparent eine andere Plattform Daten austauscht. Viel komplexer ist die Wertigkeit von Smart Data aber, wenn zahlreiche Menschen (z.B. Familien-Mitglieder) dasselbe Tablet im Haushalt nutzen und somit Rückschlüsse auf Einzelnutzer verborgen sind. In der Regel werden Datenströme nicht gelöscht sondern verbleiben lange Zeit auf den mobilen Endgeräten. Die kritischen Faktoren dabei liegen auf der Hand. Wenn ich als Elternteil nicht will, dass mein Kind in der Weihnachtszeit Rückschlüsse auf mein Weihnachtsgeschenke-Kaufverhalten bekommt, muss die beendete “Surf-Reise” von den Beteiligten irgendwann gelöscht werden. Oder aber der Plattform-Anbieter analysiert smarte Daten in ihrer Kombination über Schnittstellen mit anderen Plattformen und spielt dann den Kaufanreiz aus. Die Zeitverzögerung unter APIs könnte aber nachteilig dazu führen, dass der Kunde bereits die Plattform verlassen hat. Grundsätzlich sind hier nur Webseiten mit Log-In Bereichen auf der sicheren Seite.

4.) Kunde: Personalisierung und Verantwortung
Der Mensch ist ein Jäger und Sammler. Als Kunde liebt er das Kauferlebnis, das Jagen nach dem ultimativen Produkt, dem besonderen Erlebnis, aber auch dem fairen Preis. Je personalisierter das Angebot und der Content umso besser. Entsprechend nutzen Firmen wie die das
Musikprojekt Pandora schon Smart Data, um den 200 Millionen angemeldeten Kunden ein persönliches Erlebnis basierend auf den individuellen Spuren des Musikhörens im Web zu liefern. Doch wieviel Smart Data, wieviel Personalisierung ist denn effizient aus Sicht des Kunden? Am Ende entscheidet der Nutzer über den Grad der Personalisierung und des Daten-Tracking, den er zulässt. Doch Personalisierung kann schnell über das Ziel hinaus schießen und Smart Data irrelevant machen. Ist genauer dann abschreckender oder wirksamer?
Mag der Kunde auch, wenn jemand alles über seine Gewohnheiten sammelt? Was, wenn ihm schon alles vorgekaut wird und er sich nicht mehr selbst im Kaufrausch verlieren kann? Will der Kunde das überhaupt? Wie wollen sich neue Trends an ihn herantragen bei vorgefilterter individueller Relevanz? Müsste der Kunde nicht mitentscheiden können, was über ihn wo und wie an Daten gesammelt wird, und ob die dann in smarter Art und Weise veredelt werden dürfen? Es gibt eine Verpflichtung dem Kunden gegenüber. Auf einer Adobe-Konferenz in London erschien kürzlich ein Slide: “No spam, no stalking, no solicitation.” Wenn man sich die blühende Marketingwelt heute so ansieht, dann verfolgen einen Banner und Angebote von Marken, obwohl man das Produkt schon längst gekauft hat. Berechtigt darf man in Frage stellen, ob die Unternehmenswelt sich ihrer Verantwortung im Umgang mit Smart Data bewusst ist. Denn
Datenschutz und Datenschutzbeauftragte bekommen neue Regeln und Richtlinien mit dem Einsatz von Smart Data und internetfähigen Geräten.

Das Thema Smart Data ist
nicht mehr ganz neu, bekommt aber aufgrund der technologischen Evolution immer mehr Relevanz. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat erst
kürzlich bekannt gegeben, 13 Projekte im Technologieprogramm “Smart Data – Innovationen aus Daten” zu fördern. Inwieweit es diese Projekte schaffen werden, neben den technologischen Herausforderungen auch unternehmensgesellschaftliche Fragen und Datenschutz, aber auch die Akzeptanz der Nutzer zu adressieren und zu klären, bleibt abzuwarten. Ebenso, ob sich Unternehmen und Nutzer im Kampf um die Hoheit persönlicher Daten und ihren Einsatz in der Wirtschaft auf smarte Weise einigen.

Dieser Post entstand in Zusammenarbeit mit dem
HP Business Value Exchange Blog.