Heimat für Nachrichten
In unserer Gesellschaft sind Nachrichten das zentrale Element, um sich zu orientieren. Besonders gilt dies für regionale und lokale Nachrichten, aber insbesondere auch für Nachrichten, die uns über das internationale Geschehen informieren. Nachrichten zählen aufgrund ihrer Reichweite und Nutzung zu den wichtigsten Informationen im Netz und sie tragen zu einem beachtlichen Teil zur Monetarisierung von Premiuminhalten bei. Es verwundert daher nicht, dass Publisher daher mit aller Kraft versuchen, auf allen Kanälen mit Nachrichten präsent zu sein, so auch in sozialen Netzwerken, und immer mehr Internetnutzer beziehen bereits Nachrichten ausschließlich über soziale Netzwerke.
Das Reuters Institute veröffentlichte in seiner
Studie Digital News Survey 2016 / Ergebnisse für Deutschland, dass soziale Medien im Vergleich zum Vorjahr als Nachrichtenquelle 6 Prozentpunkte hinzugewonnen haben und nun bereits einen stattlichen Anteil von 31 Prozent in der Gesamtverteilung aufweisen. Dabei fällt vor allem die Gruppe der 18- bis 24-Jährigen auf, von denen 21 Prozent ihre Inhalte ausschließlich über Quellen aus dem Internet beziehen; darunter sind 8 Prozent, die ausschließlich Nachrichten über soziale Medien nutzen.
Warum das so ist, liegt nach Aussage der Befragten an der Einfachheit der Nutzung. Knapp über die Hälfte der Nutzergruppe, die angaben, Nachrichten regelmäßig über soziale Netzwerke zu beziehen, ist dies der wichtigste Vorteil und rangiert noch vor den Gründen, dass soziale Netzwerke „Schnell bei Schlagzeilen“ sind und man diese mit anderen teilen kann.
Partizipation ade?
In Bezug auf die Partizipation ist erstmals ein Rückgang zu verzeichnen, und die Herausgeber der Studie vermuten, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass Nachrichten sehr emotional diskutiert werden und schnell die Gefahr besteht, in eine Ecke geschoben zu werden. Daher mischen sich viele Social Media Nutzer nicht mehr aktiv in die Diskussion ein und vermeiden Nachrichten mit ihren Freunden zu teilen, die auf eine bestimmte politische Ausrichtung schließen lassen. Partizipation ist jedoch ein wichtiger Bestandteil der sozialen Medien und Medienhäuser suchen gerade in den sozialen Medien den Vorteil der organischen Verlängerung mit Hilfe der Social Media Nutzer.
Aber was bedeutet dies für soziale Netzwerke, die sich immer mehr zu Medienplattformen wandeln. Verlieren sie dadurch nicht auch einen wertvollen USP für Publisher?
Neben dem massiven Einbruch der eigenen Reichweite, der vor allem in
Facebook zu verzeichnen ist und bereits wieder für einige Diskussionen sorgte, versuchen viele Medienhäuser die Reichweite ihrer Nachrichten nun über Live-Videos zu stützen. das prominenteste Beispiel hierfür ist Snapchat, aber auch Persicope von Twitter spielt immer mehr Live-Videos in den Newsfeed. Yahoo will nun mit Tumbler gleichziehen und schaltet einen Streamingdienst für die Bloggerplattform scharf. Facebook hilft sich mit Promis und Top-Medien aus und
zahlt diesen noch viel Geld, damit sie ihre Live-Videos in das Netzwerk stellen. Aber wenn man sich die Ergebnisse von Reuters Institute genauer ansieht, dann findet man Aussagen in der Studie, die doch so gar nicht für Nachrichten im Videoformat geschweige denn für Nachrichten in sozialen Netzwerken sprechen.
Laut der Studie ist das Anschauen von Nachrichten-Videos in Deutschland auch im Jahr 2016 nicht außerordentlich weit verbreitet. Es sind nur 17 Prozent der Befragten, die regelmäßig Nachrichten-Videos konsumieren. In Nordamerika ist der Nutzungsanteil fast doppelt so hoch. Es gibt drei Gründe, die gegen Nachrichten-Videos sprechen:
- Das als schneller und einfacher empfundene Lesen von Artikeln (37 Prozent).
- Zusätzlich wirkt für jeden Dritten die häufig vor einem Video eingeblendete Werbung abstoßend (21 Prozent)
- Außerdem bieten Nachrichten-Videos für knapp jeden Vierten keinen Mehrwert. 23 Prozent sagen, dass sie dadurch keine zusätzlichen Informationen im Vergleich zum Lesen eines Artikels erhalten.
In der direkten Gegenüberstellung (Artikel vs. Video-Form wie Clips, Sendungen oder Live-Stream) sagen 43 Prozent der deutschen Onliner über 18 Jahren, dass sie Nachrichten in der Regel in schriftlicher Form nutzen. Und auch bei den Jüngeren bestätigen 1/3 der Befragten zwischen 18- und 24 Jahren, Nachrichten meist zu lesen. Das mag doch verwundern, denn gerade die jüngere Altersgruppe gilt als sehr Video-affin. Vielleicht mag es auch daran liegen, dass jüngere Menschen ihren Bewegtbildkonsum bereits durch diverse Entertainmentinhalte auf Youtube oder Snapchat gestillt haben, so dass Nachrichten in Artikelform eine willkommene Abwechslung darstellen. Aber vielleicht ist es tatsächlich doch so, dass Nachrichten heute immer noch überwiegend auf dem großen Screen über lineares TV in Deutschland empfangen werden. Nicht umsonst gilt das Fernsehen weiterhin als die insgesamt am weitesten verbreitete Quelle für Nachrichten. 78 Prozent der Onliner über 18 Jahre schauen weiterhin regelmäßig Nachrichten im TV und mehr als die Hälfte der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren nutzen regelmäßig TV-Nachrichten. Auch wenn Fernsehen 18 Prozentpunkte in dieser Nutzergruppe verloren hat, das Fernsehen ist und bleibt das wichtigste Medium für Nachrichten, über welchen Kanal diese auch immer bezogen werden. Denn last but not least gaben 86 Prozent der Befragten an, dass sie regelmäßig Angebote nutzen, die ihren Ursprung bei klassischen TV- und Radioanbietern haben und für die Hälfte der befragten Internetnutzer ist weiterhin das Fernsehen die wichtigste Nachrichtenquelle und nur für ein Viertel ist dies das Internet.