Schlagwortarchiv für: Vision

Web 2.0 und Unternehmensführung: Diskussion zum Status 2010

webstrategieFür die Süddeutsche Zeitung 1,90 EUR zu investieren, ist heutzutage für so manchen Blogger ungewöhnlich. Für mich war es das gestern nicht. Stand da doch einiges über Web 2.0 Strategien und die aktuelle Zukunft des Web zu lesen: vom Streit zwischen Google und China, über die Safttante sowie diversen mit ihrem Unternehmensblog zusammengebrachten Hintergründen und taktischen Anregungen zu Erfahrungen für Unternehmen.

Die Zukunftsvisionen für Unternehmen wurden mal wieder von Don Tapscott, Web-Berater und Autor der Bücher Wikinomics und Grow up digital, in einem Interview zum Ausdruck gebracht. Erst kürzlich hatte er den Titel seines neuen Buches „Rebuilding the world“ über sein Blog gesucht, sprich: Kollaboration mit seiner Community hat ihm bei der Titelfindung geholfen.

Das Interview möchte ich als Ansporn zur Diskussion Web 2.0 in der Unternehmensführung nehmen. Tapscott regt Unternehmen an, die Web 2.0 Grundprinzipien offene Diskussion, transparenteres Innovationsmanagement und zukunftsfähige Kollaboration verstärkt einzusetzen und zu fördern. Schließlich könne man mit deratigen Netzwerkmodellen „sein Geschäft ausbauen“.

Auf die Frage ‚Warum macht es dann nicht jeder?‘ entgegnet Tapscott:

„Weil eingefahrene Gewohnheiten schwer zu ändern sind. Vor 30 Jahren sagten Kritiker, Manager werden nie internetfähige Computer nutzen – weil sie nicht selbst tippen werden. Können Sie sich das vorstellen? Der gesamte Wechsel zur Internetgesellschaft wurde mit diesem einen Argument in Frage gestellt. Und genauso ist es heute. Eine Web2.0-Kultur würde die Machtverhältnisse in Firmen von grundauf verändern. Daran haben viele Unternehmensführer überhaupt kein Interesse.“

Moment!? Ist das wirklich heute noch so? Sind Unternehmensführer wirklich so internet-resistent? Können sich Unternehmensführer das noch leisten in der Zukunft? Ändern sich Machtverhältnisse in Euren Augen? Was wird sich ändern? Wird es weiterhin 30 Jahre dauren, bis Kollaboration zwischen konkurrierenden Unternehmen stattfindet.

Es gibt so viele Social Media und Social Web Berater neben Don Tapscott (vielleicht noch nicht so bekannt wie er, ok…). Jeder trägt einen gewissenen Erfahrungsschatz aus seiner Beratung von Unternehmen zu dem Thema. Teilt ihn mit uns. Lasst uns die Diskussion führen und alle davon profitieren.

Die verdeckten Strategien des Internet-Giganten Google

Google ÖkonomieEs wurden schon viele Bücher über Google veröffentlicht, aber nur wenige, die über den strategischen Tellerrand hinaus schauen. The Strategy Web hat sich mit Veit Siegenheim, Co-Autor des Buchs „Die Google-Ökonomie: Wie der Gigant das Internet beherrschen will“ unterhalten. Er hat das Buch zusammen mit Dr. Ralf Kaumanns geschrieben.

Q: Herr Siegenheim, Sie haben in ihrem Buch die Strategien und Taktiken des Konzerns umfassend analysiert. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse?

Veit Siegenheim Google zeigt ein sehr breites Spektrum an Strategien, Taktiken und Vorgehensweisen, um seine Ziele zu erreichen und im Wettbewerb bestehen zu können. Grundsätzlich kann man auf drei Aspekte verweisen. Erstens: Google versucht, seine Erlösquellen zu schützen und weiter auszubauen. Schaut man auf die Finanzkennzahlen so kann man feststellen, dass die Abhängigkeit von den Umsätzen, die über die eigenen Angebote generiert wurden in den letzten Jahren von 50 Prozent auf fast 67 Prozent gestiegen ist. Dies ist erstaunlich, da dadurch die Abhängigkeit von seiner wichtigsten Erlösquelle immer weiter steigt und ganz entgegen dem Bemühenist, die Erlösquellen diversifizieren zu wollen. Google erzielte im Wesentlichen auch hieraus das Wachstum der letzten Jahre. Konsequent wurde Werbung in alle möglichen kostenlosen Dienste integriert und mit neuen Werbeformen experimentiert. Zweitens: Google versucht die Regeln des Wettbewerbs im Internet nach seinen Vorstellungen zu beeinflussen. Dies erfolgt über das Bemühen aus seiner Technologie oder aus seinen Konzepten de-facto-Standards machen zu wollen. Ein wesentliches Element spielt hier Open Source. Indem man viele Technologien und technische Konzepte als Open Source bereitstellt, hofft man, dass möglichst viele Entwickler auf den Zug aufspringen und sich dadurch ein de-facto-Standard bildet – der natürlich dann mit anderen Standards im Wettbewerb steht. Drittens: Google versucht gnadenlos sein Geschäftmodell der Werbefinanzierung überall dort durchzusetzen, wo sich der Konzern einen Vorteil im Wettbewerb und eine Akzeptanz der Nutzer verspricht. Dabei setzt man Werbung als Refinanzierung auch dort ein, wo dies vor ein paar Jahren noch nicht denkbar erschien.

Google_ÖkonomieQ: Was ist das Besondere am Vorgehen von Google im Wettbewerb im Internet?

Veit Siegenheim Google zeigt bei genauem Hinsehen auf zwei sehr unterschiedliche strategische Ansätze, sein Geschäftsmodell zu schützen und sich im Wettbewerb zu behaupten. Für alle kostenlosen Dienste und Anwendungen für die Webnutzer verfolgt Google eine klassische Produktführerschaftstrategie. Diese zeichnen sich beispielweise durch eine hohe Innovationsgeschwindigkeit aus. Immer neue Features und Funktionen werden entwickelt. Viele Produkte laufen mit kleineren und größeren Fehlern (Beta Phase) und werden mit dem Feedback der Nutzer verbessert. Flankiert wird dies durch die sehr starke Marke Google, die für Innovation und Vertrauen steht. Interessanterweise setzt Google auch nur hier auf die Karte Open Source. Im zweiten strategischen Ansatz, der Systemführerschaftsstrategie im Bereich der Werbeplattform rund um AdWords und AdSense ist von Open Source keine Spur mehr. Die Systemführerschaft, die Google bei der Werbeplattform verfolgt, ist weithin unbekannt und sehr intransparent. Dies haben wir in unserem Buch näher analysiert und beleuchtet.

Q: Ein wenig ausführlicher bitte…

Veit Siegenheim Ein strategisches „System“ ist als eine umfassende Problemlösung zu verstehen, die aus einer Reihe komplementärer Anwendungen und Möglichkeiten besteht, die sich im Sinne der Problemlösungsqualität für den Werbekunden vorteilhaft ergänzen. Ein System besteht aus Schlüsseltechnologien wie AdWords und begleitenden Leistungen wie dem Ad Manager, Analytics oder dem Ad Planner, die konstituierende Bedeutung für die gesamte Systemleistung haben. Diese Bedeutung kann beispielsweise durch ein hohes Maß an Innovation oder die integrierende Rolle innerhalb des Systems zustande kommen. Die Systemführerschaftsstrategie setzt ein Produkt mit Schlüsselproduktpotenzial voraus. Bei Google sind dies AdWords und AdSense. Durch das Schlüsselproduktpotenzial entstehen so genannte Lock-In-Effekte, das heißt, der Werbekunde ist in besonderem Maße an Google gebunden, weil bei einem Wechsel zu einem neuen Konkurrenzanbieter mehr oder minder hohe Hürden im Wege stehen und entsprechende Wechselkosten und Wechselrisiken anfielen.

Q: Inwieweit hat das Social Web die Denke von Google verändert?

Veit Siegenheim Das Selbstverständnis von Google ist geprägt und durchdrungen von der Welt der Algorithmen und dem Glauben von der universellen Messbarkeit der Dinge. Das Social Web und im besonderen Facebook verfolgt hingegen vielmehr die Vision eines persönlicheren Internets, in der unser Beziehungsgeflecht, unser Netzwerk an Freunden, Bekannten, Kollegen oder Leute mit gleichartigen Interessen unsere primären Quelle von Informationen, Kommunikation und Neuigkeiten ist – halt so wie im richtigen Leben. Dem Motto von Google die Informationen der Welt zu organisieren und verfügbar zu machen, setzt Facebook ein deutlich anderes Motto entgegen: den Menschen die Macht zu geben, sich mitzuteilen, und dadurch die Welt offener und enger verbunden zu machen. Zum Leidwesen von Google, komplett abgeschirmt für deren Suchcrawler. Der Erfolg von Seiten wie Facebook lässt an einer zentralen Stelle im Internet einen immer größer werdenden blinden Fleck für Google entstehen. Immer größere Aufmerksamkeitsströme verlagern sich in das Angebot von Facebook. Es entsteht so etwas wie ein Internet im Internet, mit sehr persönlichen Daten der Nutzer, betrieben auf den Servern von Facebook. Google hat dem nichts wirksames entgegenzusetzen. Das eigene Soziale Netzwerk Orkut ist nur in Brasilien und Indien von Bedeutung und dümpelte lange vor sich hin. Die Initiative Open Social kann als der verzweifelte Versuch gewertet werden, sich mit anderen sozialen Netzwerken gegen Facebook verbunden zu wollen und deren Wachstum zumindest zu verlangsamen.

Q: Schafft es Microsoft den von Google eingeleiteten Paradigmenwechsel aufzuhalten?

Veit Siegenheim Den eingeleiteten Paradigmenwechsel hin zu mehr webbasierten Anwendungen und weg vom PC-zentrierten Modell der Wintel-Jahre wird Microsoft wahrscheinlich nicht mehr aufhalten können. Dies kann man als eine logische Entwicklung und Konsequenz aus den steigenden Bandbreiten und immer leistungsfähigeren Netzen sowie immer besserer Technologien sehen. Informationstechnologie wird mehr und mehr zur Commodity wie Gas, Wasser und Strom. Amazon hat hier mit den Amazon Web Services eindrucksvoll gezeigt wie die Zukunft aussehen kann. Aber auch andere Unternehmen wie Salesforce.com gehen konsequent diesen interessanten Weg – zum Vorteil der Nutzer und Kunden. Hier ist Google durchaus nicht allein. Microsoft dürfte versuchen, die künftige Welt der Informationstechnologie auf seine Weise zu beeinflussen. Hier zeigen die Redmonder durchaus, dass sie in der Lage sind, die Entwicklungen aufzugreifen und mitgestalten zu wollen – Stichwort: Windows Azure oder internet-basierte Office Anwendungen. Wenn auch mit einem spürbaren Widerwillen, der aber auch verständlich ist, weil man viel zu verlieren hat. Ich gehe davon aus, dass Microsoft auch in den kommenden Jahren eine bedeutende Rolle in der Internetökonomie spielen wird.

Vielen Dank für Ihre Zeit Herr Siegenheim.

siegenheim_veitVeit Siegenheim ist Geschäftsführerender Gesellschafter der Siegenheim & Cie. GmbH und Executive Partner bei Accenture. Seine Arbeit fokussiert sich auf die Transformation von Medien- und Telekommunikationsunternehmen, die durch die zunehmende digitale Konvergenz notwendig wird. Veit Siegenheim ist Autor verschiedener Studien, Fachbeiträge und Fachbücher sowie Redner auf Fachkonferenzen und Gastreferent an Universitäten.

Der Kunde und sein Wandel zur Selbstbestimmung

Fast ForwardSchon der griechische Philosoph Heraklit stellte fest: „Nichts ist so beständig, wie der Wandel!“ Das Web wird auch aus Unternehmenssicht immer mehr zum Inbegriff des Wandels. Vor allem den PR- und Marketingabteilungen bläst der ‚Wind of Change‘ dabei eiskalt ins Gesicht.

Der Kunden definiert seine Ansprüche neu, wandelt seine Aufnahmebereitschaft. Er hat mit den Möglichkeiten von Social Media eine neue Mündigkeit gewonnen, die erhört werden will – und nicht mehr permanent zuhören mag. Nein, denn das ist jetzt die Aufgabe der Firmen. Der Kunde will nicht mehr adressiert werden, er will adressieren – und zwar in Form eines Multilogs für Partner wie Firmen wie Kunden.

Im Web definieren Kunden ihre Vorlieben neu, hören selbst nicht mehr dem aufdringlichen Gebrülle mancher Firmen zu und stellen damit Jahrzehnte der klassischen Werbung und Presseinformationen mal eben auf den Kopf. Erreicht der Kunde also doch endlich das, was er schon immer gewollt hat? Selbstbestimmung?

Selbstbestimmung, wann, wo, wie und auf welche Art er sich die Informationen über Firmen, Produkte, und Dienstleistungen organisiert. Ja, diese Selbstbestimmung haben die Kunden immer gewollt – und wenn überhaupt haben sie personalisierte PR-Meldungen und Werbung zugelassen. Von der Gieskanne wollte nie ein Kunde etwas wissen. Und obwohl dieser Wandel stattfindet, quillt heute noch der Briefkasten zuhause über (egal ob online oder offline).

Der Großteil der Unternehmen hat den Wandel ignoriert und ignoriert ihn weiter. Man versucht immernoch, mit Pressemitteilungen und unspezifischer Werbung Marken, Produkte und Dienstleistungen zu pushen. Mal mehr, mal weniger erfolgreich. Dabei kann sich die Kommunikationszentrale in den Unternehmen einfach dem Wandel anschließen und sich an neue Prozesse gewöhnen. Und eben nicht den Fehler machen, den die Beispiele JAKO oder Motrin uns vor Augen geführt haben.

Da kommt Hilfe gerade recht. Schon vor ein paar Tagen habe ich über das Wharton School’s SEI Center for Advanced Studies in Pennsylvania und seinem „The Future of Advertising Project“ in den Daily Top 3 Nachrichten geschrieben. Einige Leute haben mich darauf angesprochen und gemeint, dies sei ein sehr gutes Zukunftsprojekt zur Unterstützung des Wandels in der Kommunikationswelt. Marketiers, die sich auf eine neue Kommunikationswelt einstellen und ihre Erfahrungen preisgeben. „Share“ heißt die Devise…

Das Projekt verfolgt die Absicht, Fallbeispiele zu sammeln und Experten nach neuen Visionen in einem sich im Paradigmenwechsel der Kommunikations- und Marketingwelt befindlichen Zeitalter zu befragen. Die Wharton Universität ist dabei eine Partnerschaft mit Google eingegangen. Man hat einen YouTube Channel „Fast Forward“ gelauncht, um die Erfahrungen mit einer breiten Masse in kleinen Video-Clips zu teilen.

Fortschrittliche Firmen bekommen hier Anschauungsunterricht und können lernen, wie der Kunde die neuen Medienoptionen nutzen wird. Sie können Schritt halten mit einem dynamischen Kommunikationswandel, der sich dem des Technologiefortschritts angepasst hat.

Wie dieser Wandel aus Sicht der Werbetreibenden aussieht, bringt Christi Hill, Lilly, Senior Marketing Director bei Pharmahersteller Lilly (USA) auf einen Nenner.

Und so wie die Werbung hat sich auch die Verbreitung von Pressemeldungen verändert. Bei beidem gilt… „Telling and selling is out – Listen and learn is in!“

Niemand kann das so eindeutig beschreiben wie Gary Vaynerchuck. Er macht eindeutig klar, daß es nicht mehr darum geht, die gute alte Pressemeldung ‚rauszuhauen‘. Die Zukunft liegt darin, Geschichten zu erzählen und mit diesen zu begeistern. Geschichten, die ohne Kunden nicht geschrieben werden können, die die Kunden selbst geschrieben haben könnten oder die Kunden animieren, selbst zu schreiben.

Und auch wenn im stetigen Wandel immer ‚Alles fließt‘ (laut Heraklit), so sind die Worte Vaynerchucks doch der lebende Kundenspiegel. Er führt einem vor Augen, wie schnell sich der Wandel ereignet, wie schnell der Kunde sich im Web entwickelt und für diese Selbstbestimmung engagiert arbeitet.

Spot On!
Inwiefern merkt Ihr etwas vom Wandel Eurer Kunden hin zur Selbstbestimmung? Und wie seht Ihr den Wandel in Eurer Kunden-Kommunikation aus? Teilt uns Eure Gedanken mit und helft anderen, Schritt zu halten. Wie geht Ihr in Eurem Unternehmen mit dem Wandel in der Marketing- und PR-Abteilung um?

Digital Natives: Was CEO’s 2.0 und Unternehmer beachten sollten

dnadigitalDie letzten Tage habe ich meine Abende dem Buch „DNAdigital – Wenn Anzugträger auf Kapuzenpullis treffen: Die Kunst aufeinander zuzugehen“ gewidmet. Aus drei Gründen: Der Titel spricht an, der Job erfordert die Auseinandersetzung mit der nachrückenden Manager-Generation und ihrer digitalen Arbeitsphilosophie, sowie vor allem, weil mich eine Frage beschäftigt: Woher kommt das Selbstbewußtsein der heutigen Jugend und jungen, aufstrebenden Manager – des Digital Native?

Die Antwort ist schnell gefunden: der Führungsstil der Häuptlinge verändert sich – zugunsten der sogenannten ‚Indianer‘. Er wird offen, zugänglich und baut auf Verständnis. Und warum? Weil die Mitarbeiter es fordern und die Ketten sprengen wollen, die traditionelle, autoritäre Managementstile geschaffen haben.

Auch wenn sich die CEO’s 2.0 und Unternehmer in Nadelstreifen noch schwer damit zurechtfinden, die modernen sozialen Medien wie Wikis, (Micro-)Blogs und Social Networks schaffen eine neue Dimension der Kooperation, Kollaboration und Korrelation zwischen den (Management-)Ebenen innerhalb der Unternehmen. Und wer eine Arbeitsatmosphäre mit modernen Zukunftsperspektiven in seinem Unternehmen schaffen will, kommt nicht umhin, sich mit dem Digital Native zu befassen, ja intensiv auseinanderzusetzen.

Ebenso wie die Managementstile verändern sich heute wissenschaftliche Rechercheprozesse und progressive, wirtschaftliche Arbeitseinstellungen. Aus einem Festhalten an starren ‚Top-Down‘ Führungstaktiken entsteht ein Loslassen der Führungsriege zugunsten orts- und zeitunabhängiges Flexibilität, Vertrauen schaffender Transparenz sowie hocheffizienter Vernetzung und Innovationen fördernder Interaktion bei Produktionsvorgängen.

Der Digital Native interagiert nicht nur, er/sie netzwerkt, kooperiert und visioniert – nicht nur für Geld, sondern auch für ein positiveres und offeneres Zusammenleben mit den sie Führenden. Man sollte den Digital Native mit offenen Armen empfangen, sich ab und an mit ihnen zurückziehen und sich von seinem Netzleben inspirieren lassen.

Das kann man übrigens auch immer wieder mal mit dem Buch machen: Die Kapitelstruktur (kurz und prägnant) erlaubt es, sich auch mal eben ein Kapitel bei einer Umstrukturierung oder Re-Orientierung im Unternehmen ein wiederholtes Mal als inspirierende Blaupause zu Gemüte zu führen.

Und meine Erkenntnisse… Als ich vor Monaten das Manifest der Digital Natives gelesen habe, dachte ich: OK, ich bin ein Digital Native! Nach der Definition im Buch habe ich erkannt, ich bin es nicht wirklich (11 Jahre zu spät geboren…). Und dennoch fühle ich mich wie einer. Hybris oder Jugendwahn? Egal, als Unternehmer weiß ich zumindest, wie ich dem Digital Native begegnen werde: Mit offenen Armen!

Spot On!
Das Buch hat mich aus verschiedenen Gründen begeistert. Inhaltlich kreiert es eine runde Abhandlung der modernen Spezies ‚Digital Native‘, die Vorreiter im Bereich Enterprise 2.0 in kurzen gut verständlichen Beiträgen interviewen oder ihre Visionen für notwendiges Umdenken im umgang mit Mitarbeitern darlegen lassen. Zudem läßt es den Autoren Don Tapscott und David Weinberger ihre sprachliche Authentizität, von der in der heutigen sozialen Medienkultur viel gesprochen wird. Das Buch erscheint berechtigt zweisprachig (deutsch-englisch) – entgegen aller oft gehegten Diskussionen, Medien müßen einsprachig sein. Womit es auch eine Bestätigung und Bekräftigung für mich und mein Social Media Dasein ist – was auch in englischer und deutscher Sprache lebt.

Allianz24 scheitert mit Onlinestrategie

treppe-autoDie Ziele der Allianz waren ambitioniert. Im Billig-Segment der KFZ-Policen wollte man dem Marktführer im Online-Bereich HUK-Ableger HUK24 Marktanteile abringen und sich als zweiter großer Anbieter positionieren. Schließlich ist die Allianz (noch) Marktführer im KFZ-Policen-Markt. Doch die Onlinestrategie scheiterte…

Sie scheiterte nicht wegen eines schlechten Produktes, oder eines nicht funktionierenden Services. Sie scheiterte vorwiegend weil man die Onlinestrategie von der Unternehmensstrategie entkoppelte und somit nicht die Offlinewelt in die Gedankengänge eines Strategiewechsels im Vertrieb mit einbezog. Das Ende vom Lied: Das Onlineportal Allianz24 wird Mitte September endgültig eingestellt.

Der Schritt gegen den Mitbewerb auch online anzutreten, war notwendig geworden. Denn neben Lebens- und Krankenpolicen mit 20 Milliarden Euro Jahresprämie ist das KFZ-Policen Business das Kerngeschäft des Versicherungsriesen. Nur brachen in den letzten Jahren die Anteile aufgrund des starken Onlinemitbewerbs weg. Zur Sicherung der generellen Marktführerschaft im KFZ-Markt wollte man sich mit Allianz24 auch im Internet stark aufstellen – und scheiterte. Huk24 (rund 1 verkaufte Millionen Policen) zog dem Marktführer Allianz24 im Internetvergleich immer weiter davon (300.000 Policen).

Die Onlinestrategie erschien seit Jahren fragwürdig. Im Internet lockte man mit Billigangeboten und in der Offlinewelt versuchte man, das Image des Premiumanbieters über Vertreter weiterhin zu wahren. Daß die 10.000 Allianz-Vertreter über die Onlinestrategie nicht erbaut waren, ist verständlich und war mehr als vorhersehbar. Wie sollen diese ihre Umsatzziele für ihre Provisionen erreichen, wenn die Konkurrenz aus dem eigenen Haus kommt: mit Preisen von 20% bis 30% unter den regulären Angeboten?!

Spot On!
Die Allianz rudert also bei ihrer Onlinestrategie zurück. Was bei Allianz24 passiert, ist ein klassischer strategischer Unternehmensfehler. Er beruht auf starkem Mitbewerb sich verschiebender Märkte durch die moderne Onlinenutzung des Konsumenten. Schnell muß dann aus Unternehmenssicht reagiert werden, da man Jahre die Onlinemärkte vernachlässigt und Marktveränderungen verschlafen hat. Veränderungen sind aber auf ganzer Unternehmenslinie durchzuführen: Wer online einsteigt, kann offline nicht einfach die Preisstrategie auf den Kopf stellen und das Partnergeschäft aushebeln. Die Märkte müssen auch intern neu verteilt werden: fair und offen. Hierzu sind Gespräche zwischen allen Parteien notwendig und nicht vorschneller Aktionismus.

Fazit: Auch wenn die Marke Allianz nicht mehr am Onlinemarkt in dieser Form in Erscheinung treten wird, der Imageschaden für die Dachmarke Allianz ist beträchtlich. Ob der radikale Kurswechsel mit einem neuen Anbieter zum Ziel führt, bleibt abzuwarten.

Der ‚arme‘ Emig – Reaktionen der modernen Meinungsmacher…

„Des einen Freud, ist des anderen Leid!“ heißt ein schönes Sprichwort… Und was dem Emig sein Leid, ist dem ‚Mit-Mach‘ Web 2.0-er seine Freud‘. Die Reaktionen auf die Verurteilung von Jürgen Emig wird allerseits genutzt zur kompetenten Meinungsabgabe.

Der Freude über die bestrafte Gier lassen die modernen ‚Medien- und Meinungsmacher‘ freien Lauf. Der koenigskeksblog erkennt hämisch, dass man auf der Gefängniskleidung ’noch Werbeflächen mieten‘ könne. Und im Forum Digitalfernsehen wird gemutmaßt, wie Emig mit geschickter Bestechlichkeit die Haft gar nicht erst antreten muss, schließlich seinen ‚Ärzte auch bestechlich‘.

Schnell werden Dritte mit in die Kritik einbezogen. In der FAZ kommentiert ein F. Schiller philosophisch: „Immerhin: Gefängnisinsassen sind von der GEZ-Gebühr befreit.“ Heiner5362 tritt anonym (Kürzel = Geburtsdatum?) auf stern.de nach selbiger Behörde: „GEZ sollte sich einmal mehr um die korrupten programmmacher kümmern anstatt dem tv-konsumierenden bürger nachzusteigen. wer kontrolliert da eigentlich den geldfluss? ein sumpf ohne boden tut sich auf und wir werden dafür aufs übelste teils mit stasi-methoden abgezockt“.

Der koenigskeksblog erkennt hämisch, dass man auf der Gefängniskleidung ’noch Werbeflächen mieten‘ könne. Und im Forum Digitalfernsehen wird gemutmaßt, wie Emig mit geschickter Bestechlichkeit die Haft gar nicht erst antreten muss, schließlich seinen ‚Ärzte auch bestechlich‘.

Es gibt kritische Stimmen in der ngz-online, die ‚Justitia mit Füssen getreten sehen‘: „Was sind EUR 285.000 im Verhältnis zu den Milliarden, um die der Staat und seine Bevölkerung jährlich von den Vorständen und Aufsichtsräten der deutschen Wirtschaft betrogen wird. Diese Kriminellen werden für ihre Verbrechen auch noch hofiert!“

Und bei stern.de wird der ‚arme‘ Emig als geheucheltes Bauernopfer kommentiert: „Je höher das Vergehen umso geringer die Strafe. Wenn man dann sogar richtig, richtig große Scheiße baut, bekommt man sogar den Friedensnobelpreis. Siehe Henry Kissinger (Vietnam mit angezettelt und mit der CIA geholfen den Folterer Pinochet an die Macht zu bringen). Was unseren guten Helmut Schmidt natürlich nicht hindert mit seinem guten Freund Henry ab und zu ne Tass Kaff in seinem Haus in Hamburg zu trinken.“

Wer hätte gedacht, dass ein Emig Prozess so weit in die Vergangenheit reicht und die Generation der modernen Meinungsmacher so mitfühlen lässt. Interessant wird dabei, wie wichtig Hr. Emig wohl ist, wenn soviel über ihn geschrieben wird. Oder nicht…?

Spot On!

Ach ja… Die Recherche über Herrn Emigs Vergangenheit hat einen Journalisten sogar zu Ruhm und Ehre geführt. Laut Jens Weinreich erhielt Frank Thonicke dafür den „Wächterpreis der Tagespresse“. Ja, Freud und Leid liegen nah beieinander… und manchmal ist man dank ‚Mit-Mach-Web‘ schneller in der Diskussion als einem lieb ist. Da freut man sich doch, dass man keine eigene Meinung mehr abgeben muss – und leidet ein wenig mit der Portokasse des Jürgen Emig – die vielleicht noch ein wenig strapaziert wird, damit er sich nicht hinter Gitter über die schönen Kommentare der modernen Meinungsmacher freuen muss.

Fusion Marketing ist Partner Marketing – nur ein wenig anders…

Wenn Firmen wachsen wollen oder die Märkte sie in wirtschaftlich schwierige Zeiten bringen, müssen sich die Unternehmen Strategien überlegen, wie das Business effizient angekurbelt werden kann. Multiplikatoren einzusetzen, Partner (strategische und operative) und Händler, ist dabei ein probates und beliebtes Mittel.

Oft wird dies als Channel-Marketing (im Sinne des Channel-Marketing) in Firmen aufgesetzt. Was Unternehmen noch wenig nutzen, ist der Trend des Fusion Marketings. Der vorwiegende Unterschied beim Fusion Marketing ist, dass dort diese Partner nicht unmittelbar umsatz- oder provisionsbeteiligte Partner sind.

Die Darstellung einer noch oft aus Ressourcengründen vernachlässigten Strategie…

Was ist Fusion Marketing?
Unter Fusion Marketing versteht man das Zusammengehen bzw. Zusammenarbeiten zweier Unternehmen, die die gleiche Kundschaft adressieren – allerdings nicht im unmittelbaren Mitbewerb stehen. Ein effizientes Mittel zur Bündelung der unternehmerischen Kräfte der Marketing- und Salesabteilungen.

Beispiele für Fusion Marketing

Offlinewelt: Nehmen wir mal ein Wellness-Hotel. Die Betreiber können sich zusammentun mit einem ortsansässigen Fitness-Club, einem Golfclub, einer Therme, einem Chiropraktiker oder auch mit einem nahegelegenen, auf leichte Kosten bedachten Restaurant – Provisionen fließen dabei keine untereinander. Man empfiehlt sich, und bietet sich an, als ‚Dienstleistungskonglomerat‘. Zahlreiche Businesszweige bieten ähnliche einfache Partnerschaften, die allerdings oft ungenutzt für die Kundenbindung und Erweiterung des Kundenstammes bleiben.
Onlinewelt: Entwickler, Grafik (-Designer) und Mediengestalter sind alle Dienstleistungsanbieter für Firmen, die sich um das Wohl des Kunden im Bereich von deren Webbusiness kümmern. Oft starten diese Anbeiter ihren Angriff auf die Kundschaft als One-Man-Show und müssen sich danach mit entweder internen Koryphäen der Unternehmen oder mit anderen unbekannten Partnern kurzschließen. Einfacher bei der Kundenakquise ist es die Full-Service Variante zu wählen, die dem Kunden ein Rundum-Sorglos-Paket offeriert mit kleinen sichtbaren Benefits – aber ohne große Einbußen der Dienstleister.

Wie sieht ein gute Fusion Marketing Partnerschaft aus?
– Überlegen Sie sich, wer ihre stärksten Partner sind. Diese stärksten Partner adressieren meistens das gleiche Kundenpotential wie sie. Anbieter von Software und Hardware Produkten, Masseur und Physiotherapeut, Gärtner und Häuslebauer, etc.

– Überlegen Sie sich mit ihrem stärksten Partner, welche ihrer Leistungen sich gut zu einem attraktiven Angebot bündeln lassen und für beide Sinn machen. Onlinewelt: Der Grafiker macht zusätzlich zum angebotenen eMailing einen Logoentwurf für ein neues Konzept während der Mediendesigner neben der Webseitenoptimierung neue Vorschläge bei der Bannergestaltung vorlegt. Eine wenig mehr Vorleistung für ein vieles mehr an späteren Aufträgen. Offlinewelt: Das Wellness-Hotel macht ein Chiropraktikerstunde am Vormittag inklusive Mittagessen im Hotel.

– Manifestieren Sie ihre Zusammenarbeit schriftlich, inklusive der gegenseitigen Leistungen und Angebote. Es langt eine Email oder ein kleines Schriftstück, was kein Anwalt gegenzeichnen muss. Schriftstücke verhindern aber generell spätere Kommunikationsprobleme…

– Bündeln Sie ihre Mailing-Kontakte und profitieren Sie auf diese Weise beide kostentechnisch bei der Umsetzung und bei der Kontaktaufnahme mit Kunden. Der Kundenstamm wird so beidseitig erhöht sowie adressiert und bietet Aussicht auf mehr Neukunden. Auch nach gemeinsamen Mailings oderAktivitäten sollten Rückläufer abgeglichen und ausgetauscht werden.

– Nutzen Sie die Macht der PR und erzählen Sie von ihrer Fusion Marketing Partnerschaft (in Blogs, PR- und Marketing-Materialien, Webseite, etc.).

– Bei der Kreation der Fusion Marketing Aktivitäten denken sie nicht nur an sich und ihren Partner – vor allem an den Benefit des potentiellen Kunden. Hier ist Kreativität gefragt und die Partner sollte sich dafür ausreichend Zeit nehmen. Und: Rabattaktionen und Coupons sind über Webseiten günstiger abzufangen und zu produzieren als herkömmliche gedruckte Versionen.

– Wer auf Fusion Marketing Aktivitäten antwortet, will auch wieder ein Feedback. Vorteil: Mit ihrem Feedback können Sie weitere Aktivitäten anstoßen: Registrierung für Newsletter oder Aktionen der Partner, weitere Angebote, etc. Oft verhallt das Kundenfeedback im Nirvana…

Wo ist die Überschneidung zum Partner-/Channel-Marketing?
Ein Incentivierungsprozess für den Partner kann lukrativ sein, ist aber auch nicht der einfachste Weg. Empfiehlt ein Partner eines ihrer Produkt oder Dienstleistungen oder verkauft es direkt, sollte ihm eine Provision zustehen. Dieser Prozess definiert sich klar als Channel-Marketing Programm und ist auch als Affilliate Programm abzugrenzen. Solche Prozesse müssen rechtlich ’sauber‘ organisiert und von Anwälten ‚beglaubigt‘ werden. Sind Sie Bestandteil einer Fusion Marketing Strategie können sie schnell zum rechtlichen Alptraum werden.

Spot On!
Nehmen Sie sich Zeit zur Evaluierung der Optionen und der stärksten Partner, die sich in ihrem Markt für gemeinsame Fusion Marketing Strategien anbieten. Lassen Sie das Argument ‚Keine Zeit dafür!‘ nicht gelten, denn langfristig zahlen sich solche Partnerschaften in Form eines größeren Kundenstammes und natürlich auch in höheren Umsätzen aus. Fusion Partner Prozesse sind zwar nicht schnell umsetzbar, aber schneller und einfacher als Channel-Marketing Partnerschaften. Wer mittelfristig denkt und plant, sollte Fusion Marketing Strategien auf jeden Fall für seine Kommunikationsstrategie evaluieren.

Die Typen der Business Netzwerke – Gladwell’s ‚Tipping Point‘ reloaded

Jeden Tag suchen die modernen Businessmenschen nach der entscheidenden Veränderung in der eigenen Arbeitswelt mittels ihrer rastlosen Aktivitäten in Business Netzwerken. Sie suchen nach dem kleinen ‚Etwas‘, das für das Geschäft eine große Wirkung haben sollen. Vor ein paar Tagen kam bei uns die Diskussion auf, ob man eine grundsätzliche Typisierung der User von Business Netzwerken vornehmen kann. Es wurde viel nachgedacht, überlegt und visioniert – und am Ende kam eine interessante Lösung raus…

Das Ergebniss fundierte im Buch ‚The Tipping Point‘, in dem Malcolm Gladwell die Rolle der entscheidenden Personen an Veränderungsprozessen unter dem Aspekt ‚The Law of the Few‘ beleuchtet. Er identifiziert dabei drei Typen, die bei Veränderungsprozessen unentbehrlich sind: Vermittler (Connectors), Kenner (Mavens) und Verkäufer (Salesmen).

Schaut man sich die Aktivitäten der Web 2.0 Gesellschaft in ihrem täglichen Wirken an, so sind zahlreiche Parallelen unverkennbar. Zum Beispiel, dass wir unsere Persönlichkeit nach genau diesen drei ‚Gewinnertypen‘ mit unseren Profilen ausrichten und, dass wir gleichzeitig versuchen, alle drei Typen in uns zu vereinen?

Ein Versuch die drei Typen aus Sicht der Aktivitäten in Business-Netzwerken wiederzufinden…

Vermittler (Connectors)
Prinzipiell erfüllen wir ‚Business-Netzwerker‘ alle diesen ersten Typus. Denn: Wer sich in einem Business Netzwerk registriert, bringt sich mit Mitbewerbern, Marktkennern, Partnern und Kunden zusammen und ist ja schon per se ein Connector, ein verbindender Mensch mit Verbindungen oder nicht? Fragwürdig… Denn nur, wer auch die Rolle des Vermittlers lebt, Menschen business-technisch erfolgreich zusammenbringt und sich ohne die permanenten Provisionsgedanken im Hinterkopf engagiert, ist der wahre Vermittler im Gladwelschen Sinne.

Wie man den Erfahrung vieler Kollegen und Businesskontakten entnehmen kann, scheiden sich hier die Geister gewaltig. Die Orientierung der Anwesenheit in Business-Netzwerken geht klar in Richtung: Me and my profit come first! Selten bekommt man wirklich wertvolle Vermittlungsansätze von Dritten für das eigene Business – egal ob man gut verlinkt ist oder nicht. Und schon gar nicht aus Eigeninitiative der eigenen Netzwerk-Kontakte. Wer zwar deutlich und ausdrücklich etwas sucht, muss dennoch erstmal direkt sein Netzwerk umständlich anzapfen. Früher hat man nach einem guten Tipp an Weihnachten eine gute Flasche Wein erhalten – heute scheint diese Geste ders guten Businessknigge abhanden gekommen zu sein.
Nicht selten bekommt man das Gefühl, heute bei Anfragen nach Vermittlungsansätzen zeitlich unpassend und am falschen Ort zu erscheinen (trotz ‚Vorstellen‘ Button).

Ist unser schnelllebiger, mit Terminen vollgestopfter Arbeitsalltag ein Bremsklotz für ein effizientes Vermittler-Dasein in den Business Netzwerken? Auf jeden Fall ist es schwierig, sich wirklich organisiert als Vermittler aufzustellen. Denn je mehr Businesskontakte man hat, umso weniger Zeit bleibt für jeden einzelnen Kontakt, neues Netzwerk- oder Business-Potential zu vermitteln.

Fazit: Das Prinzip ‚Eine Hand wäscht die andere‘ wird inzwischen in Business-Netzwerken leider viel zu stark im monetären Sinne gelebt. Ein Problem des Ressourcenmangels in Unternehmen oder der Profitausrichtung der Firmen und ihrer Manager? Die Antwort bleibt offen…

Kenner (Mavens)
Speziell im Web 2.0 Business, in der wir alle Business-Netzwerke und Wikis mit unserem Wissen füllen und wichtige Erkenntnisse in Blogs festhalten, manifestieren sich verschiedenste Arten von Kennern. Früher nutzten solche Businesspersonen Offline Veranstaltungen, stellten sich als Redner zur Verfügung oder verfassten Beiträge in wissenschaftlichen Zeitungen. Inzwischen will jeder derjenige sein, der sich als Kenner positioniert – der zur ‚Quelle neuer
Informationen wird, auf die wir vertrauen‘. Ob in Gruppendiskussionen oder als dortiger Moderator – in Business Netzwerken kann jeder zum Kenner werden. Das Internet macht die gewünschte Reichweite möglich…

Auch hier zeigt sich eine gewisse Diskrepanz zwischen den wahren ‚Kennern‘ und den -nennen wir sie mal- Reproduzenten. Zwei banale Vergleiche aus der Sportwelt – gerne! In der Fussballwelt gibt es die Option, sich einen Stern auf die Trikotbrust zu heften, wenn man erfolgreich die Champions League gewonnen hat. Beim Golf geht das Handicap je nach Erfolg rauf oder runter. Und Firmen können sich warm anziehen, wenn bei metacritic die Bewertungen der Produkte in den Keller gehen.

In Business-Netzwerken heftet sich jeder soviele Sterne ans Revers, wie nur eben möglich – unverifiziert von erfolgreichen bzw. angesehenen Businessmenschen. Da wird es schwer den Kenner, vom Reproduzenten zu unterscheiden. Ist ein Award oder Auszeichnung der Business-Netzwerke also für hervorragende Moderatoren, für qualifizierte Diskussionteilnehmer in Gruppen (z.B. durch die Gruppen-Moderatoren) oder für außergewöhnliche Blogger? Macht Sinn, wenn man ein qualifiziertes Komitee davorschalten würde. Zumindest würde es eine kleine Richtlinie zu mehr Transparenz bieten und zu mehr Übersichtlichkeit bei der heutigen individuellen Businesswelt dienen.

Fazit: Es fehlt an einer Orientierungshilfe, wer die überdurchschnittlichen ‚Kenner‘ der Märkte und Branchen sind. Xing, LinkedIn und alle ihre Mitbewerber könnten helfen, die Welt der erfolgreichen Businesstypen zu erhellen.

Verkäufer (Salesmen)
Überzeugend und charismatisch wollen wir allein schon mit unserem Profil in den Business-Netzwerken sein, weshalb sich jeder Manager auch entsprechend ein überzeugendes Profil ‚zurecht schustert‘. So manches Firmenbudget geht für hochprofessionelle Businessfotos oder Überstunden durch verstärkte Gruppen(-moderation) drauf. Dabei frägt man sich z.B. bei den Bildern, ob ein ehrliches, dem Typ passenderes Bild nicht überzeugender wäre. Auch wenn business-casual in manchen Branchen und Firmen nicht erlaubt ist.

Überzeugt sind wir dennoch von der Überzeugung, dass wir überzeugend im Business-Netzwerk auftreten: Wir überzeugen durch mannigfaltige Gruppenaktivitäten, durch zahlreiche Businesskontakte und durch reichhaltige Angaben bei Interessen, Berufserfahrung und Ausbildung. Dennoch sind wir dann noch lange nicht die Verkäufer, die mehr sagen als sie sagen und dadurch überzeugender sind als überzeugend (freie Interpretation der Gladwell Salesmen-These).

Ein ordentliches und engagiertes Profil macht noch keinen guten Verkäufer. Dazu ist manchmal ein besseres Bild notwendig und vor allem ein feineres Darstellungs-, Kommunikations- und Verhandlungsgespür (in Gruppen wie generell im Business Netzwerk). Und wenn im Alltag die ersten 10 Sekunden über Sales-Erfolg und – Misserfolg beim ersten Businesstreffen entscheiden, dann sind es bei der großen Auswahl in Business-Netzwerken vermutlich maximal fünf Sekunden. Was die Geschäftspartner im Salesprozess überzeugt, ist nicht die Universität, an der man studiert hat – ebenso wenig wie der Uniabschluss nach dem ersten erfolgreichen Job mehr zählt als die Aussage: Diplom vorhanden – ENDE. Nur davon kann man bei seiner eigenen Überzeugungskraft bei Einträgen in Business-Netzwerken aus Salesperspektive überzeugt sein.

Fazit: Die gewählte Darstellungsvariante des eigenen Profils und Auftretens in Business-Netzwerken muss dem Umfeld der eigenen Businesskontakte und -branche entsprechen. Wer den Wesenszug der Zustimmung austrahlt, erfäh
rt den Tipping Point des Verkäufers, der Erfolge sammelt.

Spot On!
Letztendlich sind es die Soft Skills der drei Typen, die als Kür den erfolgreichen Businessmenschen ausmachen. Die pure Anwesenheit in Business-Netzwerken ist das Pflichtprogramm. Entscheidend ist, wie ’sticky‘ und im Zusammenhang der Arbeitsthemen passend man in den Business-Netzwerken den Leuten erscheint, die dem eigenen Business zuträglich und gewinnbringend sind. Hier zeigt sich der wahre Matchmaking Typus.

Die Jäger-und-Sammler Leidenschaft der Business-Netzwerk Typen der Anfangsjahre ist -vermutlich aus Ressourcengründen- einem diversifizierten Business-Allrounder Typus gewichen. Die grundsätzlichen Fähigkeiten der ‚Veränderer‘ hat Gladwell in seinen drei Typen schon früh erkannt. Ob er jedoch wußte, dass die Managerwelt des heutigen Business erfordert, alle Typen in sich zu vereinen, sei mal dahingestellt…

Gedanken zu Datenschutz in Business und Web

Derzeit diskutieren Datenschützer, Experten und Politiker über verschärfte Bestimmungen im Datenschutz – alle sind sich dabei einig, dass persönliche Daten besser geschützt werden müssen, um Datenmissbrauch zu vermeiden. Dennoch gibt es dabei zahlreiche Fragezeichen für das Daily Business der Unternehmen.

Wie ambivalent das Thema Datenschutz in und für Unternehmen ist, zeigt allein schon ein banaler Vergleich des gängigen Einsatzes von Microsoft und Google Produkten in Unternehmen. Microsoft lieferte Jahrzehnte lang -nicht nur Klein- und Mittelständlern- die Komplettausstattung für Unternehmenscomputer mit seiner Software, was zwar immer wieder diskutiert aber letztendlich -mangels verlässlicher Alternativen- hingenommen wurde. Das Thema Datenschutz wurde trotz permanenter Sicherheitslücken -allein schon des Internet Explorers- hier weniger diskutiert als jetzt beim Launch des Google Browsers Chrome.

Immer mehr Unternehmen vertrauen sich dem beliebten Produkt Google Adsense an, welches die begehrten Leads für Marketing und Sales generiert oder auch ohne großen Aufwand nette Nebenverdienste für die Portokasse liefert. Auf der anderen Seite warnt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die Internetuser vor dem privaten Gebrauch des Google Browsers. Google separiert derzeit die Interessen der Internetuser von denen der Unternehmen.

Google ist ein Abbild der menschlichen Doppelmoral: wunderbares Nebengericht, aber mit Vorsicht zu genießen – denn zuviel Genuß ist ungesund. Nachdem Google an allen Fronten mit intelligenten Lösungen aufwarten kann, kommt die große Furcht vor dem ‚gläsernen Menschen‘ – ein Abbild der 1984 Vision eines gewissen Herrn Orwell. Nachdem nun Bertelsmann und die Deutsche Telekom mit ihren Aktivitäten zur Neukundengenerierung das Thema Datenschutz endlich zu einem wichtigen Thema erheben, musman sich mal ansehen, was die Diskussion auf der Seite der Unternehmen bedeutet.

Aus Usersicht ist das Thema Datenschutz eigenlich schnell erzählt: In Deutschland gibt es das Recht auf ‚informationelle Selbstbestimmung‘. Jeder Bürger kann danach frei entscheiden, wer wann auf welche seiner persönlichen Daten Zugriff erhält. Prinzipiell sollte es eigentlich kein Problem geben, oder nicht? Jeder ist seiner Daten Schützer. Ganz einfach und für manche Menschen doch so kompliziert. Oder warum kommt das Thema sonst ins Gerede…?

Für Unternehmen hingegen wird es immer schwieriger und komplexer ’sauber‘ mit dem Thema Datenschutz umzugehen. Zehn Gedanken zum Thema Datenschutz in Daily Business, die die Diskussion weiter anregen sollen…

1. Datenschutzbestimmungen: Die Datenschutzbestimmungen kommen am Ende eines langen Einkaufs- und/oder Registrierungsprozesses. Eine Kurzfassung am Anfang eines jeden Einkaufes würde beim Kunden Vertrauen zum Shop schaffen und ihm das gute Gefühl der Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens bezüglich seiner zukünftigen Kontaktaufnahme zum Kunden geben.

2. Erhöhte Transparenz: Der Online-Einkauf müsste aus Sicht des Datenschutzes vereinfacht und transparenter gemacht werden. Die Erhebung, Weitergabe und spätere Nutzung von Kundendaten der Unternehmen könnte über einfache Tick-Boxen am Anfang der Registrierung festlegen, wo die Daten hingehen. Manche Unternehmen sind bereits auf dem Weg dorthin. Der Online Einkauf dauert kürzer und der Einkaufsspaß wird später weniger getrübt.

3. Customer Relationship Management (CRM) und Business Intelligence (BI): Die IT wurde in den letzten Jahren im Sinne der verbesserten Kundenkommunikation umgebaut und erweitert. In vielen Unternehmen sind Kundendaten und -gewohnheiten zahlreich vorhanden, werden aber nicht ausreichend genutzt. Was bei Google Chrome kritisiert wird, ist nichts anderes als so manche Data Mining Massnahme in Unternehmen. Stellt sich die Frage, ob irgendwann Google oder der Staat die tiefergehenden Kundendaten für die Unternehmen sammelt, verfügbar und transparent macht oder weiterhin jedes Unternehmen selbst die Daten hosten. Tatsache ist, einer wird die Daten sammeln, ob die Kunden wollen oder nicht. Ist eine Zentralisierung erwünscht…?

4. Zielgruppengenaues Marketing: Targetierung von Abverkaufs- und Marketingaktionen wird immer problematischer, wenn tiefergehende zielgruppengerechte Adressierung aufgrund mangelhafter, nicht ausreichender Datenerhebung nicht mehr möglich ist. Der Kunde oder Interessent darf sich nicht wundern, wenn auf einmal Werbung eintrudelt, die nicht wirklich von Interesse ist. Ein klarer Rückschritt für die Unternehmen, die an die Zeit überfüllter Offline- wie Online -Briefkästen erinnert…

5. Kreditkarten: Das Vertrauen seine Kreditkartennummer beim Einkauf weiterzureichen, ist groß und weitläufig. Mit der Weitergabe der Kreditkartennummer weiß jedes Unterhemen, oder kann herausfinden, wer der Kunde ist, wenn es wirklich nötig ist. Stellt sich die Frage, warum alle Unternehmen mit einem langen Registrierungsprozeß beim Kunden die Datenschutzängste schüren. Hat man einmal erfolgreich und problemlos irgendwo eingekauft, macht man das doch sowieso nochmal, oder? Muss man wirklich seine Daten zusätzlich zur Kreditkarte bei jedem Kauf hinerlassen? Wenn ich ‚Offline‘ einkaufe, mache ichdas doch auch nicht, oder…?

6. Empfehlungsmarketing: Unternehmen sammeln die Daten beim Online-Einkauf aus zahlreichen Gründen – nicht nur um dem verbraucher zu schaden. Viele Kunden der Unternehmen kaufen nach Empfehlung des Herstellers, seiner Händler oder durch Drittanbieter später wieder. Gerade im Web 2.0 Zeitalter lassen sich durch tiefergehende Datenerhebungen neue Märkte oder Nutzerprofile vereinfachter erschließen. Ein Vorteil für den Kunden: In Social Netzwerken werden beispielsweise nur noch zielgruppengerechte Werbung angeboten. Es wird Zeit, dass die Unternehmen das erkennen und sich hierauf stärker fokussieren.

7. Partielle Datenschutz-Verantwortung: Müsste nicht der Browseranbieter, der die Tür zum WWW öffnet, auch eine gewisse grundsätzliche Verantwortung für den Datenschutz tragen? Gerade am Beispiel von Google Chrome müsste sich diese Diskussion doch langsam mal entzünden, hätte man meinen können…

8. Datenschutz Allianzen und Gütesiegel: Gäbe es Datenschutz Allianzen bzw. Gütsiegel für im Umgang mit persönlichen Daten ’saubere‘ Unternehmen -branchenweit oder im allgemeinen- würde sich die Datenschutz Diskussion im Rahmen halten. Diverse Ansätze wie Security Alliances deuteten mal in diese Richtung, sind aber irgendwie nicht mit der richtigen Ernsthaftigkeit von den Unternehmen weiterverfolgt worden.

9. Gewinnspiele: Vermutlich das größte Bottle-Neck des Datenschutzes bei den Unternehmen. Wenn man schon Gewinnspiele macht, solte man folgende Grundsätze endlich mal beachten, die Nutzer ausdrücklich wissen lassen und dazu stehen: a) die Daten werden ausgewertet b) die Daten werden genutzt zu Marketing- und Vertiebszwecken – auch mal durch Partner c) wer mitmacht, muss damit rechnen, Werbung zugesandt zu bekommen. Diese Offenheit der Unternehmen wird die Offenheit der Kunden treffen: Wer mitmacht, ist offen für meine Produkte und Angebote- und will nicht nur Gewinnpreise ‚abstauben‘ gemäß des ‚Jäger und Sammler‘- Prinzips. Solche User/-daten bringen den Unternehmen sowieso fast nie etwas…

10. Automatisierte- bzw. initiierte Datenlöschung durch Unternehmen: Gäbe es eine automatische oder durch Kunden einfach zu regelnde Löschung der Daten (z.B. nach Ablauf der Garantiefrist), hätten die Kunden es selbst in der Hand, wie lange die Daten bei den Unternehmen vorliegen. Man stelle sich eine Email oder einen Brief vor, welche den Kunden daran erinnert, seine Daten beim Unternehmen zu löschen, wenn er die direkte Kommunikation zukünftig nicht mehr wünscht. Bei jedem Online-Newsletter ist das Angebot
des Abbestellens des Newsletters längst Gang und Gäbe. Hat man aber irgendwo mal eingekauft und den Newsletter nicht abonniert, liegen die Daten vermutlich noch Jahrezehnte später den Unternehmen vor. Vielleicht wäre aber auch eine unmittelbare Datenlöschung durch die Unternehmen als Pflichtprogramm zwei (oder drei) Jahre nach dem letzten Kauf sinnvoll.

Spot On!
Der Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer fordert: „Wir brauchen mündige Kunden. Ohne das Vertrauen der Kunden kann kein Anbieter auf Dauer erfolgreich sein.“ Umgekehrt könnte man aus Kundensicht argumentieren: „Wir brauchen ethisch-saubere und vernünftige Unternehmen.“ Eine weitere Vision wäre zum Beispiel die sichere Schnittstelle zwischen Staat und Unternehmen herzustellen. Könnte man seine Kundendaten über einen gesicherten staatlichen Zugang selbst verwalten, wären die Diskussionen schnell erledigt.

Offlinewelt 1.0: Luther, Galilei, E-vangelisten und das Cluetrain Manifest

Manchmal ist es einfach Zeit, sich zurückzubesinnen: Als Martin Luther 1517 mit seinen 95 Thesen die religiöse Welt erneuerte, hätte er vermutlich nie geglaubt, welche Wirkung so ein Papier auf Menschen haben kann. Kurz danach machte sich Galileo Galilei auf, der Menschheit zu erklären, die Erde sei eine Kugel. Viele Menschen glaubten ihm nicht, erklärten ihn für verrückt und weiß nicht was alles.

Vor ein paar Jahren hat die neue Internetgeneration sich selbst gerne als E-vangelist bezeichnet. Menschen, die sich anschickten, die Welt der Kommunikation zu verändern. Auch ich war einer von denen, die die Wirtschaft bekehrt hat, nicht mehr Printanzeigen zu schalten sondern auf Onlinewerbung zu setzen. Sie biete Interaktivität mit den Usern/Käufern, sei effizienter und umsatzträchtiger. Heute ist das alles selbstverständlich und irgendwie fühlt man sich gut, wenn man weiß, dass man doch auf das richtige Kommunikationspferd gesetzt hat. Ob Luther und Galileo auch diese Befriedigung hatten…?

Um die Jahrtausendwende liebten wir es, mit geschickten Argumentationsketten und rhetorischen Spielchen den Wert von Printanzeigen zu eliminieren. Die Aufmerksamkeit der Leser für eine Printanzeige wurde auf ein Minimum ‚herunter procentiert‘ und die Werbekunden zweifelten ihr eigenen Marketingausgaben an. Online war gut, Print für uns überholt. Das Spiel endete darin, dass Hefte des Mitbewerbs mit der Aussage in den Mülleimer flogen: „Wie Sie sehen, ist es besser, die Umwelt und die Bäume zu schonen, als hier Anzeigen zu platzieren.“ Im Zeichen der LOHAS Gesellschaft bekommt unser damaliges Vorgehen heute eine völlig neue Komponente, die auch wir damals noch nicht ahnten. Noch ein Zeichen, dass wir dem Strom der Zukunft voraus waren – auch wenn es, aus heutiger Sicht betrachtet, ein zu extremer Salespitch war.

Und die Kunden ließen uns unser extravagantes Vorgehen spüren: die Agenturen, Kunden und die Wirtschaft zeigten sich skeptisch, warteten die Eingebung ab. Konnten Sie den von den E-vangelisten erzählten Veränderungsprozesses in der Kommunikation glauben? Werden die Prophezeihungen Wahrheit und Alltag inder Internetbranche? Das Platzen der ‚Dot Com Bubble‘ in den Jahren 2001 und 2002 schien die Skeptiker zu bestätigen. Wenn auch nur kurzfristig…

Was mich heute beruhigt, ist dass wir damals nicht alleine waren. Viele stellten damals Vermutungen und Grundsätze auf, die skeptisch beäugt wurden, ob ihrer Wichtigkeit und Bedeutung für das Business des 21ten Jahrhunderts. Und dann bin ich gestern wieder auf das Schriftstück eines Mannes gestossen, der heute als Autor und Philisoph des Internets geführt wird: David Weinberger. Mit drei weiteren US-Amerikanern schrieb er 1999 das Cluetrain Manifest, welches eine Sammlung von 95 Thesen zum Verhältnis zwischen Unternehmen und Kunden im Internet darlegt.

Wenn man sich heute die 95 Thesen aus Unternehmersicht ansieht und mal auf die Social Media Bewegung projeziert, wird sicher so manchem Unternehmen auffallen, wie sich diese Zeilen bewahrheitet haben und inzwischen Standard geworden sind.

Der Kreis der Rückbesinnung endet nie, wenn wir die Webkommunikation unserer Unternehmen nach dem Lesen der 95 Thesen nochmal überdenken: Unsere Kundenkommunikation ist online, in communities, im word-of-mouth Trend, ja, alles da…

Aber ist sie auch ‚offline‘ menschlich, hören wir auch auf die Kunden, nutzen wir die Möglichkeiten der Interaktion wirklich? Man merkt schnell, wieviel Denkansätze diese 95 Thesen für das tägliche Business liefern. Und wenn man nur eine der Thesen in seinem Business perfekt für sich nutzt, hat es schon geholfen... Das Cluetrain Manifest – 95 Thesen

1

Märkte sind Gespräche.

2
Die Märkte bestehen aus Menschen, nicht aus demographischen Kategorien.

3
Gespräche zwischen Menschen klingen menschlich. Sie werden mit der menschlichen Stimme geführt.

4
Ob es darum geht, Informationen weiterzugeben oder Meinungen, zu streiten oder witzig zu sein – die Stimme des Menschen ist offen, natürlich, nicht aufgesetzt.

5
Menschen erkennen einander am Klang ihrer Stimme.

6
Durch das Internet kommen Menschen miteinander ins Gespräch, wie es im Zeitalter der Massenmedien undenkbar war.

7
Hyperlinks untergraben die Hierarchien.

8
Menschen reden miteinander sowohl in den intervernetzten Märkten als auch unter intravernetzten Kollegen.

9
Diese vernetzten Gespräche gebären neue und machtvolle Gestalten gesellschaftlicher Beziehung und des Austauschs von Wissen.

10
Dabei werden die Märkte intelligenter, sie sind besser informiert und sie organisieren sich von alleine. In vernetzten Märkten mitzuwirken, verändert die Menschen grundlegend.

11
Die Menschen in vernetzten Märkten haben begriffen, dass sie durchschauen was gespielt wird und, dass sie sich aufeinander besser verlassen können als auf
die Anbieter. Das ist das Ende des Firmengeschwätzes über den Mehrwert ihrer Waren.

12
Es gibt keine Geheimnisse. Der vernetzte Markt weiß mehr als der Hersteller über seine Produkte. Ob gut oder schlecht, das Wissen spricht sich herum.

13
Was in den Märkten geschieht, stimmt auch für die Mitarbeiter. Nur das metaphysische Konstrukt namens „Firma“ steht zwischen Märkten und Mitarbeitern.

14
Die Unternehmen äußern sich nicht mit der Stimme der neuen, vernetzte
n Gespräche. In den Ohren ihrer Zielgruppe klingt die Stimme hohl, es ist die Stimme des
Unmenschen.

15
Schon bald wird uns die gängige Stimme des Geschäftslebens, die Sprache der Corporate Identity und der Prospekte, so affektiert vorkommen wie die Sprache der barocken Fürstenhöfe.

16
Schon jetzt kommt die Jahrmarktsanmache vieler Unternehmen bei den Menschen nicht mehr an.

17
Wer noch glaubt, die Online-Märkte seien dieselben, die einst seine Fernsehwerbung ertragen haben, macht sich etwas vor.

18
Unternehmen, die nicht begreifen, dass ihre Märkte von Person zu Person vernetzt sind, deshalb immer pfiffiger werden und sich darüber unterhalten, versäumen ihre beste Chance.

19
Heutzutage können sich die Unternehmen mit ihren Märkten unmittelbar austauschen. Wenn sie dabei versagen, könnte es ihre letzte Chance gewesen sein.

20
Die Unternehmen tun gut daran, das Gelächter im Markt zu hören. Oft gilt es ihnen.

21
Die Unternehmen sollten sich weniger ernstnehmen und etwas Humor entfalten.

22
Witze auf der Website sind kein Humor. Humor gedeiht, wo wirkliche Werte mit Bescheidenheit angeboten werden, wo Unternehmen geradeheraus sagen, wie die Dinge liegen und dann dazu stehen.

23
Unternehmen, die sich „positionieren“ möchten, sollten etwas Nennenswertes zu sagen haben. Am besten etwas, das dem Markt nahegeht.

24
Das Geprotze „Wir streben an, der Beste im Markt zu sein“, ist jedenfalls keine Position, das interessiert keinen.

25
Die Unternehmen tun gut daran, von ihren Zinnen herabzusteigen und das Gespräch mit den Menschen zu suchen. Deren Zuwendung brauchen sie.

26
Ihre Öffentlichkeitsarbeit hat mit der Öffentlichkeit wenig zu tun. Die Unternehmen ängstigen sich vor ihren Märkten.

27
Ihre arrogante Sprache hält die Menschen auf Distanz, sie bauen Mauern, mit denen sie die Menschen draussen halten.

28
Ihre Marketingpläne gründen auf der Angst, der Markt könne dahinterkommen, was sich im Unternehmen tatsächlich abspielt.

29
Gandhi meinte: „Vertrauen ist eine Tugend. Misstrauen geht immer aus Schwäche hervor.“

30
Markentreue ist im Geschäftsleben etwa dasselbe wie eine junge Liebe. Aber die Trennung droht und zwar bald. Da die Märkte vernetzt sind, finden sich neue Liebschaften im Handumdrehen.

31
Vernetzte Märkte wechseln ihre Lieferanten und vernetzte Wissensarbeiter ihren Job über Nacht. Es ist übrigens die Sucht der Unternehmen zum Downsizing, welche die Menschen provoziert: „Treue, wovon redet ihr eigentlich?“

32
Die intelligenten Märkte finden Anbieter, die in ihrer Sprache mitreden.

33
Mit menschlicher Stimme zu sprechen, ist kein Partytrick. Sie kann auch nicht in trendigen Workshops aufgeschnappt werden.

34
Um die menschliche Stimme wiederzugewinnen, muss das Unternehmen die Besorgnisse seiner Kunden teilen. Die Kunden verbinden sich zu Gemeinschaften aus Menschen mit ähnlichen Bedürfnissen (Communities).

35
Das Unternehmen muss zu einer Gemeinschaft gehören.

36
Das Unternehmen muss sich fragen, wie weit seine Kultur reicht.

37
Tritt seine Kultur kürzer als die seiner Gemeinschaft, hat es keinen Markt.

38
Gemeinschaften gründen sich auf den Diskurs – auf einem Gespräch über Besorgnisse von Menschen.

39
Die Gemeinschaft des Diskurses ist der Markt

40
Unternehmen die nicht zu einer Gemeinschaft des Diskurses gehören, sterben ab.

41
Die Unternehmen ereifern sich in Fragen der Sicherheit. Aber Sicherheit ist ein weißer Elefant. Die Unternehmen verbergen sich weniger vor dem Wettbewerb als vor den Märkten und vor ihren eigenen Mitarbeitern.

42
Die Menschen sprechen miteinander innerhalb des Unternehmens genauso wie sie es in den vernetzten Märkten tun. Nicht über Org.-Anweisungen, Führungsvisionen und Betriebsergebnisse.

43
Solche Gespräche spielen sich über die Intranets der Firmen ab, aber nur wenn das Klima stimmt.

44
Typischerweise werden Intranets von oben nach unten durchgesetzt. So glaubt das Management seine Human Relations und seine Geschäftspolitik wie Botschaften an den Mann zu bringen. Die Mitarbeiter ignorieren das Gewäsch.

45
Intranets neigen von alleine dazu, Leerlauf auszugrenzen. Die besten Intranetze bilden sich von unten nach oben, aus dem Einsatz engagierter Vorreiter, die gemeinsam etwas viel Spannenderes vorantreiben, den intravernetzten Diskurs im Unternehmen.

46
Ein organisch gesundes Intranet verbündet die Mitarbeiter in vielerlei Hinsicht und radikaler als jede Ideologie.

47

Davor fürchten sich die Unternehmen, aber ohne ein offenes Intranet sind sie aufgeschmissen. Das ist ein Intranet, wo das Wissen durch kritischen Diskurs
gepflegt wird. Dem Drang, den Diskurs zu „verbessern“ oder gar zu steuern, sollten sie widerstehen.

48
Sobald das Intranet nicht durch Ängstlichkeit und Gängelei erstickt wird, entfaltet sich dieselbe Gesprächskultur wie in den vernetzten Märkten.

49
Organigramme haben in der alten Ökonomie funktioniert, als Planungen und Direktiven von der Spitze der Pyramide zur Basis durchgereicht wurden.

50
Das zeitgemäße Organigramm bildet keine Hierarchie ab, sondern es ortet wo das Unternehmen mit Hyperlinks durchsetzt ist. Die Autorität des praktischen Wissens erübrigt Titel, oft auch Positionen.

51
Autoritäre Führungsgewohnheiten speisen sich aus der Bürokratie und vervielfältigen sie. Sie befördern Intrigantentum und schaffen ein paranoides Mobbingklima.

52
Paranoia vernichtet die Gesprächskultur, das ist ihr Zweck. Aber der Mangel an offenem Gespräch vernichtet Unternehmen.

53
Zwei Diskurse ereignen sich parallel: Der eine in der Firma, der andere mit dem Markt.

54
Meist stolpern beide vor sich hin. Weil antiquierte Auffassungen vom Dienst und seiner Überwachung im Wege herumliegen.

55
Als Geschäftspolitik sind die alten Kommandostrukturen wie Gift. Als Werkzeug sind sie kaputt. Einem misstrauischen Management begegnen Wissensarbeiter mit Feindseligkeit und die Reaktion des Marktes ist ebenfalls – Misstrauen.

56
Die beiden Diskurse suchen das Gespräch miteinander. Sie sprechen mit gleicher Zunge und sie erkennen einander an der Stimme.

57
Intelligente Unternehmen sehen zu, dass sie dem nicht im Wege stehen. Sie kümmern sich, dass das Unvermeidliche beschleunigt wird.

58
Wenn wir die Bereitschaft, nicht im Wege zu stehen, als Maß für die Intelligenz eines Unternehmens annehmen, haben noch wenige Unternehmen ihren IQ erhöht.

59
So wenig bewusst es den Menschen noch sein mag, es sind bereits Millionen, welche die Unternehmen online als merkwürdige Körper wahrnehmen, die vor allem eines tun: dafür zu sorgen, dass die Begegnung der Diskurse nicht zustandekommt.

60
Das ist selbstmörderisch. Die Märkte wollen mit den Unternehmen sprechen.

61
Der Teil des Unternehmens, mit dem der Markt sprechen möchte, ist hinter Sprechblasen versteckt.

62
Die Märkte lehnen die verabreichten Sprachhülsen ab. Sie wollen mitmachen bei den Gesprächen hinter dem Firewall des Unternehmens.

63
Werden wir persönlich: Wir sind diese Märkte. Wir möchten mit euch sprechen.

64
Wir wollen wissen, was ihr in den Unternehmen treibt, wir wollen eure Pläne und Strategien kennen, wir wollen Zugang zum Besten das eure Intelligenz zu bieten hat. Eure Vierfarb-Broschüren öden uns an und der Schnickschnack auf euren Websites schmeckt nach Konserve.

65
Wir sind übrigens auch eure Mitarbeiter. Wir wollen mit den Kunden sprechen, und zwar mit unserer Stimme und nicht mit den Plattheiten eurer Telefonskripte.

66
Als Märkte und als Mitarbeiter hängen uns die Informationen zum Halse heraus, die ihr da absondert. Glaubt ihr wirklich, wir bräuchten die gesichtslosen Jahresberichte und die Studien eurer Marktforschung um uns miteinander bekanntzumachen?

67
Als Märkte und als Mitarbeiter fragen wir uns, warum ihr nicht zuhört. Eure Sprache ist Fremdsprache.

68
Der wichtigtuerische Jargon, den ihr auf Konferenzen und in der Presse um euch werft, was hat der mit uns zu tun?

69
Vielleicht beeindruckt ihr die Investoren. Aber nicht uns.

70
Wenn ihr auf uns keinen Eindruck macht, gehen eure Aktionäre baden. Verstehen die das nicht? Sobald sie es begriffen haben, fallen eure Kurse.

71
Was ihr über „den Markt“ von euch gebt, macht uns mürbe. In euren Prognosen finden wir uns nicht wieder. Wahrscheinlich, weil wir längst woanders sind.

72
Uns gefällt der neue Marktplatz besser. Den schaffen wir uns nämlich selber.

73
Ihr seid eingeladen, aber es ist unsere Welt. Wollt ihr mit uns handeln, dann steigt vom Kamel.

74
Gegen Werbung sind wir immun. Die könnt ihr vergessen.

75
Wenn ihr wollt, dass wir mit euch sprechen, erzählt uns etwas. Zur Abwechslung etwas Interessantes.

76
Wir haben Vorschläge, die euch etwas angehen: Wir brauchen neues Werkzeug, besseren Service, Dinge die wir gern bezahlen. Habt ihr ’ne Minute?

77
Ihr seid gerade beschäftigt, ihr könnt unsere eMail nicht beantworten? Das tut uns leid, wir kommen später wieder. Vielleicht.

78
Ihr möchtet, dass wir bezahlen? Wacht auf: Wofür eigentlich!

79
Kommt von eurem Egotrip herunter, lasst die Nabelschau sein!

80
Ke
ine Sorge, ihr könnt auch in Zukunft Geld an uns verdienen. Vorausgesetzt, ihr habt noch etwas anderes im Kopf.

81
Fällt euch nicht auf, dass Geld an sich eine unendlich langweilige Sache ist? Was habt ihr sonst noch drauf?

82
Euer Produkt ist kaputt gegangen. Warum? Wir möchten mit dem Verantwortlichen sprechen, der es hergestellt hat. Eure Firmenstrategie kapieren wir nicht. Wir möchten mal mit dem Chef sprechen. Was soll das heißen: Sie ist nicht da?

83
Wir rechnen damit, dass ihr demnächst fünfzig Millionen von uns so ernst nehmt wie einen eurer großköpfigen Experten.

84
Einige Leute aus eurem Laden kennen wir. Online verstehen wir uns ganz gut. Habt ihr noch mehr von der Sorte? Dürfen sie rauskommen und spielen?

85
Wenn wir Fragen haben, finden wir die Antworten untereinander. Wenn ihr auf den Mitarbeitern nicht wie die Henne auf den Eiern säßet, würden wir sie fragen.

86
Wenn wir nicht gerade eure Zielgruppe mimen, sind wir auch eure Mitarbeiter. Und als solche würden wir lieber online mit unseren Bekannten sprechen als auf die Uhr zu schauen. So würde sich euer Name wie ein Buschfeuer ausbreiten, wirksamer als mit euren Kommunikations-Tools. Aber ihr sagt, das Gespräch mit dem Markt gehört in die Hände von Fachleuten.

87
Wir wünschen uns, dass ihr mitbekommt was hier gespielt wird. Aber glaubt nicht, wir hielten die Luft an.

88
Die Frage, ob ihr die Kurve kriegt um mit uns noch Geschäfte zu machen, plagt uns nicht. Geschäfte sind nur ein Teil unseres Lebens. Für euch scheint es das Ganze zu sein. Überlegt doch mal: Wer braucht hier wen?

89
Am längeren Hebel sitzen wir. Wenn ihr das noch nicht geschnallt habt, kommt ein anderer Anbieter, der aufmerksamer ist und nicht so öde.

90
Unser neuer Diskurs ist spannender als fast alle Messen, unterhaltsamer als jedes Fernsehen und ganz bestimmt lebensnäher als die Websites und Drucksachen die ihr uns zumutet.

91
Unser Treueid gilt uns selber, unseren Freunden, unseren neuen Verbündeten und Bekannten, ja auch denen, die mit uns streiten. Unternehmen, die mit dieser Denkart nichts anfangen können, haben keine Zukunft.

92
Die Unternehmen geben Millionen aus für das Jahr-2000-Problem. Wie kommt es, dass sie das Ticken dieser Zeitbombe überhören? Hier geht es um mehr.

93
Wir bewegen uns innerhalb und außerhalb der Unternehmen. Was die draußen von denen drinnen trennt, sieht aus wie ein tiefer Graben, ist aber nur lästig. Den schaufeln wir von beiden Seiten zu.

94
Den Unternehmen der alten Ökonomie kommen die vernetzten Gespräche konfus vor, manchmal anarchisch. Das mag sein, aber sie werden immer tüchtiger und wir sind schneller als die alten Unternehmen. Wir verwenden das bessere Werkzeug, denken pfiffiger und vor allem: Uns bremsen keine Hausregeln.

95
Wir sind aufgewacht und verbinden uns miteinander. Wir beobachten. Wir warten nicht.